Ziel von 2,5 Millionen Besuchern wird wohl weit verfehlt. Nach einem Experten fehlen der Ausstellung die Überraschungen. Aber auch das maue Frühlingswetter sei ein Faktor für den schwachen Zulauf.

Hamburg. Auf der Internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg blühen die Dahlien. Zum Endspurt zeigt sich die Ausstellung in bunter Pracht. Weniger rosig waren die Besucherzahlen. Gartenschauen ein Auslaufmodell? „Im Gegenteil“, sagt ein Trendforscher.

Rosenboulevard, Dahlienblüte und Natur pur am Wasser: Die Internationale Gartenschau (IGS) in Hamburg hat in 80 Gärten, in Spiel- und Sportarealen, mit Kultur- und Bildungsprogramm viel zu bieten. Aber die Besucherzahlen blieben hinter den Erwartungen zurück. „Das Wow-Erlebnis fehlt“, sagt Trendforscher Prof. Peter Wippermann. Jochen Sandner, Chef der Bundesgartenschau-Gesellschaft in Bonn, hat ebenfalls Gründe ausgemacht, warum die Schau nicht so zündet wie erhofft. Ein Faktor war das Wetter: „Der Frühling – eine Katastrophe“, sagen beide.

Dabei hatten Bundesgartenschauen der vergangenen 15 Jahre die Planer zuversichtlich gestimmt. Zwischen rund 1,9 Millionen bis 2,3 Millionen Besucher waren nach Magdeburg, Potsdam oder Schwerin gekommen, der Zuspruch in München (2005) und Koblenz (2011) mit jeweils mehr als 3,5 Millionen war eine Duftmarke – und die Einnahmen ein Beitrag zu den von Stadt und Land locker gemachten Millionen-Budgets.

Nun Hamburg: In den ersten zwei Dritteln der IGS-Zeit haben sich mehr als 810 000 Gäste das Gelände im südlichen Stadtteil Wilhelmsburg erschlossen. Die erwarteten 2,5 Millionen für die Gesamtzeit vom 26. April bis zum 13. Oktober sind kaum noch zu erreichen. Die Politik hoffte, dass der „Sprung über die Elbe“ gelingt, hatte sie den Stadtteil doch sozial vernachlässigt. Eine Brachfläche lag gerade recht für die Anlage eines 100 Hektar großen Parks, der dauerhaft bleiben soll. Seit den Nachkriegsjahren waren Gartenschauen auch Stadtentwicklung und Konjunkturprogramm.

Doch warum fällt Hamburg so stark ab? Sind Gartenschauen „out“? „Ich glaube, dass Gartenschauen eine hohe Attraktivität haben, wenn sie natürlich vom Wetter begünstigt sind und in einer Kommune massiv unterstützt werden“, sagt Trendforscher Wippermann. „Die Euphorie in der Hansestadt ist relativ bescheiden.“ Die igs sei zu wenig beworben worden. „Aus Marketing-Gesichtspunkten fehlt einfach das Wow-Erlebnis.“

Schwungvoll rollen Jugendliche durch die im IGS-Park angelegte 1500 Quadratmeter große Skate-Anlage. Diese „Welt der Bewegung“ mit ihren Fitnessangeboten begeistert auch Buga-Chef Sandner. „Unsere Gästebefragungen zeigen eine große Zufriedenheit mit dem igs-Angebot. Das Produkt ist in Ordnung“, betont er. Mit den Planern analysiert er die mageren Besucherzahlen. Schließlich galt Hamburg mit 1,73 Millionen Einwohnern und der umliegenden Metropolregion als dankbarer Markt.

„Die Bilder vom Anfang einer Gartenschau sind ausschlaggebend. Sonne, fröhliche Menschen, Frühlingsgefühle. Aber da war dieses Jahr Weltuntergang“, sagt Sandner. Der verregnete Frühling hielt Gäste ab, dann wurde das Wetter zwar besser – aber im igs-Einzugsradius Norddeutschland war Ferienzeit und Strandwetter.

Hinzu kommt das Großstadtangebot mit Tierpark, Volksfest Dom, Hafengeburtstag & Co. „Vielleicht haben wir die Konkurrenz von Großveranstaltungen unterschätzt“, räumt Sandner ein. In kleineren Städten seien Gartenschauen „das herausragende Ereignis“. Das hofft er für die Buga 2015 in der Havelregion (Brandenburg/Sachsen-Anhalt).

Auch der Hamburger Standort jenseits der Norderelbe habe zu den enttäuschenden igs-Zahlen beigetragen, meint der Buga-Chef: „Hamburg ist für uns eine hochinteressante Lehre. Wir haben den Standort Wilhelmsburg unterschätzt. Er ist den Hamburgern offensichtlich schwer zu vermitteln, es gibt mehr Vorbehalte als gedacht.“ Dabei gebe es kaum einen idealeren Gartenschau-Standort – nach nur acht Minuten per S-Bahn vom Hauptbahnhof inmitten der Pflanzen. „Wir sind mit Berlin 2017 schon ganz genau in der Analyse“, sagt Sandner. Nach Marzahn-Hellersdorf, geprägt von Hochhaussiedlungen, sollen 2,35 Millionen Besucher kommen. „Gartenschauen“, sagt Sandner, „sind kein Selbstläufer mehr“.