Das Tennisturnier am Rothenbaum war ein voller Erfolg – doch ein Streit zwischen Turnierchef Michael Stich und dem Präsidenten des Deutschen Tennis Bundes sorgt für schlechte Stimmung und Irritationen.
Hamburg. Alles ist längst wieder abgebaut. Nur am Eingang rechts an der großen Anzeigetafel erinnern die Namen der Spieler an das Tennisturnier vor zwei Wochen am Rothenbaum. An die Stände, die Besucherströme, Sonnenschein, Roger Federer, Tommy Haas und Sieger Fabio Fognini, von dem noch ein Porträt für die Galerie der Meister unter der Kopftribüne angefertigt werden muss.
Der Club an der Alster hat sein Gelände wieder übernommen. Kinder spielen mit ihren Trainern, die Mütter sitzen derweil bei Cappuccino auf der Terrasse. Der VIP-Bereich ist demontiert, das Hockey-Kunstrasenfeld ist wieder als solches nutzbar.
„Beste Werbung bei der ATP und bei Sponsoren“ sei es gewesen, freute sich Turnierdirektor Michael Stich. Er hatte Glück mit dem Wetter und den Spielern, die Hamburger hatten Lust auf Tennis. Rund 75.000 Zuschauer waren gekommen. Ein neuer TV-Vertrag mit Eurosport steht kurz vor dem Abschluss, der Hauptsponsor (bet-at-home) hat für zwei Jahre verlängert. Alles super.
Oder eben doch nicht. Die Diskussion über das Turnier hat grade wieder Fahrt aufgenommen. Während der Turnierwoche war der Konflikt zwischen Michael Stich und dem Präsidenten des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Karl Georg Altenburg, eskaliert.
Stirnrunzeln über Streit zwischen Stich und Altenburg
Nur acht Tage nach dem Endspiel geriet ein Brief Altenburgs an Stich an die Öffentlichkeit, in dem der DTB-Chef dem Turnierchef vorwarf, ihn einen „Lügner“ genannt zu haben: „Diese Aussage ist falsch, beleidigend und unter keinen Umständen akzeptabel.“
Stich hatte deshalb während des Turniers wutentbrannt ein Treffen mit Altenburg und dem Vertreter der Profiorganisation ATP, Laurent Dellanny, verlassen. Nie mehr wolle er sich mit Altenburg an einen Tisch setzen, heißt es. Konsequenterweise fehlte er bei einem weiteren Meeting, an dem auch ein Vertreter des Clubs an der Alster und Sportstaatsrat Karl Schwinke teilnahmen. Das sorgte bei ATP- und Stadtvertretern für Stirnrunzeln. Und für neue Diskussionen.
Der DTB hält die von der ATP vergebene Lizenz für die Veranstaltung. Er ist aber nicht mehr bei dem Turnier präsent. 2009 hat der Verband die Austragung mit allen Rechten, Pflichten, Chancen und Risiken an Stich und dessen Partner Detlev Hammer und deren Gesellschaft HSE abgegeben.
Dicke Luft auf beiden Seiten
Bis 2014 lief der Vertrag mit einer einseitigen Option bis 2018, die die HSE gezogen hat. „Wir können und wollen keine Beiträge unserer Mitglieder für das Turnier ausgeben“, begründete damals der amtierende DTB-Präsident Georg von Waldenfels den Entschluss, sich aus dem operativen Geschäft der jahrelang defizitären Veranstaltung zurückzuziehen.
Stich und Hammer setzten sich bei der Ausschreibung um die Ausrichtung gegen den ehemaligen Davis-Cup-Spieler Carl-Uwe Steeb durch, der bis 2008 für den DTB in Hamburg als Turnierdirektor tätig war. Steeb ist Eigner der CharlySteeb GmbH, ein laut Eigenwerbung „professionelles Unternehmen für Vermarktung, Marketing, Klientmanagement und Eventmanagement“.
Er organisiert „Legenden-Matches“ für das ATP-Turnier in Stuttgart, ist Turnierdirektor in Kitzbühel, beriet das unterklassige Turnier in Dresden. Im Mai 2011 übernahm er das Management von Ex-Radprofi Jan Ullrich. Steeb ist seit Ende 2011 auch DTB-Vizepräsident für Leistungssport im Präsidium unter Altenburg. 2013 vermarktete seine Gesellschaft erstmals das ATP-Turnier in München.
Einen möglichen Interessenskonflikt zwischen denen des Vermarkters Steeb und denen des ehrenamtlich für die deutschen Tennisprofis zuständigen Funktionärs Steeb sieht der Verband nicht.
Dem DTB fehlt Geld für Jugendarbeit
Der DTB hat sich finanziell seit dem Amtsantritt von Altenburg noch nicht erholt. Noch immer fehlt Geld für eine grundlegende Nachwuchsarbeit bei den Männern, wie sie bei den Frauen durch das Sponsoren-finanzierte Porsche-Team möglich ist.
Allerdings leistete sich der Verband ein Jahr lang bis Ende 2012 den mit 240.000 Euro jährlich entlohnten Geschäftsführer Stephan Brune. Ein Vertrauter Altenburgs, an dessen Arbeit und Führungsstil es zunehmend Kritik aus den Landesverbänden gab. Der Vertrag wurde schließlich aufgelöst. „Von dem Geld hätte man viel Jugendarbeit leisten können“, sagte ein Insider.
Stattdessen beklagte erst vor wenigen Tagen dem hochkarätig besetzten Berater-Beirat des DTB in Hamburg die schwierige Finanzsituation und die fehlende Unterstützung durch den Deutschen Olympischen Sport-Bund (DOSB).
„200.000 bis 300.000 Euro würden bereits helfen, um Trainer für unsere jungen Spieler zu finanzieren“, sagte das Beiratsmitglied Jürgen Weber, ehemals Aufsichtsratschef der Lufthansa: „Der DTB ist leider so arm, dass diese kleine Summe bereits eine große Unterstützung wäre. Aus meiner Sicht müsste der Sportminister Hans-Peter Friedrich ein bisschen in die Kasse greifen. Ich habe bereits Gespräche geführt und der Minister hat dabei Hoffnung gemacht“, fügte Weber hinzu.
Kaum Aussicht auf Fördermittel
Zu großem Optimismus ist allerdings kein Anlass. „Für die Vergabe von Sportfördermitteln des Bundesinnenministeriums sind haushaltsrechtliche Vorgaben zu beachten, die der Deutsche Tennis Bund zurzeit nicht erfüllt“, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage. Zur Zeit seien außerdem keine ausreichenden Haushaltsmittel vorhanden.
Hamburg gehört als einziges Turnier in Deutschland zur 500er-Serie der ATP und ist damit das sportlich bedeutendste Turnier. Das schafft anderswo Begehrlichkeiten. Die Möglichkeit, mit einem Verkauf der 500er-Lizenz an das Rasenturnier in Halle/Westfalen Geld zu generieren, ist sicherlich verlockend. Ab 2015 verlängert sich die Rasensaison Ende Juni um eine Woche. Natürlich kann der DTB die Lizenz nicht offiziell bei den Gerry-Weber-Open anbieten, er hat schließlich einen Vertrag mit Stich. Eine Anfrage aus Halle prüfen, das kann er schon. Und die lag vor.
Ein Rechtsstreit bei einem Verkauf wäre jedoch unvermeidlich, denn Michael Stich ist entschlossen, mindestens bis 2018 am Rothenbaum Sandplatztennis im Sommer anzubieten. Ein Nebenaspekt in dem Gezerre ist, dass sich der DTB zunächst mit „seinem“ Turnier in Hamburg ohne weitere Rücksprache mit Stich bei der ATP um ein Rasenturnier beworben hat. Der Hamburger Senat hätte das unterstützt, steht aber auch hinter dem Sandplatzturnier, so wie es in diesem Sommer gelaufen ist.
Schwinke war bereit, zwischen den verfeindeten Parteien im Interesse des Turniers zu vermitteln – es gab keine Chance. Im Club an der Alster ist die Trainerstunde inzwischen beendet, die Plätze werden abgezogen. Das große Tennisturnier scheint ewig her – hier ist alles friedlich.