Der vorsitzende Richter wies den Antrag zurück, die Anklageschrift so wie formuliert in einigen Punkten nicht zu verlesen. Der Prozess wird nun fortgesetzt.

Hamburg. Die Verhandlung gegen sechs frühere Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank vor dem Hamburger Landgericht ist am Mittwoch fortgesetzt worden. Bereits kurz nach dem Auftakt des Prozesses war er unterbrochen worden. Die Verteidigung von zwei Angeklagten hatte beantragt, die Anklageschrift so wie formuliert in einigen Punkten nicht zu verlesen, da sie teilweise zu wertend sei. Die Unschuldsvermutung werde dadurch nicht gewahrt. Nach kurzer Beratung der Kammer wies der Vorsitzende Richter, Marc Tully, den Antrag zurück. Der Prozess wurde mit Verlesung der Anklageschrift fortgesetzt.

Mehr als 40 Prozesstermine festgelegt

Das Gericht wird monatelang verhandeln, ehe ein Urteil fällt. Mehr als 40 Prozesstermine bis in den Januar sind schon festgelegt.

Der prominenteste Angeklagte heißt Dirk Jens Nonnenmacher. Er stand vom November 2008 bis März 2011 an der Spitze der HSH Nordbank und polarisierte die Öffentlichkeit wie kaum ein zweiter Banker. Der Mathe-Professor stand in der Kritik, weil er auf vereinbarten Bonuszahlungen bestand und eine Abfindung in Millionenhöhe kassierte. In seiner Amtszeit verstrickte sich die Bank in eine Reihe von Affären.

Lesen Sie hier das HSH-Dossier von Andreas Dey

Am Ende musste Nonnenmacher auf Druck der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein gehen, obwohl Aufsichtsratschef Hilmar Kopper lange an ihm festhielt. In seiner Zeit als Vorstandschef konnte er die Bank wirtschaftlich stabilisieren. „Ohne Nonnenmacher würde es die HSH Nordbank wohl heute nicht mehr geben“, sagt ein Spitzenmann aus der Hamburger Schifffahrtsszene.

Vor Gericht ist der ehemalige Vorstand mit dem Kürzel „Dr. No“ einer von sechs. Angeklagt ist der gesamte Vorstand für ein riskantes Geschäft aus dem Dezember 2007, als Nonnenmacher öffentlich noch unbekannt war und dem Gremium erst einige Wochen angehörte. Er rückte erst ein knappes Jahr später an die Spitze der Bank, als die Finanzkrise auf ihren Höhepunkt zusteuerte.

Vorstandschef war damals Hans Berger. Er trägt – ebenso wie die langjährigen Vorstände Peter Rieck und Hartmut Strauß – weit mehr Verantwortung für die Geschäftspolitik der HSH Nordbank in den Jahren vor der Finanzkrise. Die Bank pumpte sich voll mit günstiger Liquidität, solange noch die Länder für die Bank hafteten. Das Geld wurde dann zum Teil nicht in das klassische Kreditgeschäft investiert, sondern in neuartige Finanzprodukte, die hohe Zinsen abwarfen und sich später als hochriskant und verlustreich erwiesen.

Codename Omega

Im Zentrum des Prozesses steht ein Überkreuzgeschäft unter dem Codenamen „Omega 55“, das 2008 eine halbe Milliarde Euro an Abschreibungen verursachte, Vorstandschef Berger das Amt kostete und Staatshilfen nötig machte. Laut Staatsanwaltschaft diente „Omega 55“ nur dazu, die Eigenkapitalquote vor einem Börsengang zu „optimieren“. Die HSH lagerte Immobilienkredite im Volumen von zwei Milliarden Euro in die Zweckgesellschaft Omega aus und versicherte sie bei der französischen Bank BNP Paribas gegen Ausfall, was die Bilanz deutlich entlastete.

Doch das Geschäft hatte eine Kehrseite: Die HSH musste für sechs Jahre die Risiken eines Wertpapierportfolios von BNP übernehmen, das unter anderem isländische Anleihen und Zertifikate der US-Bank Lehman Brothers enthielt. Die Papiere verloren in der Finanzkrise massiv an Wert. Letztlich blieb die HSH auf einem Verlust von 158 Millionen Euro sitzen. Die Staatsanwaltschaft wirft den ehemaligen HSH-Managern vor, die Entscheidung für die Transaktion im Dezember 2007 überhastet und ohne ausreichende Prüfung abgeschlossen zu haben. Unter anderem hätten laut Unterlagen einige toxische Papiere gar nicht zu dem verkauften Paket gehören dürfen.