Der Hamburger Unternehmer forderte die Stadt auf, sich zu überlegen, mit welchen Aktivitäten Hamburg „ein Wir-Gefühl stärken und bilden“ könne. „Wir brauchen dafür ein Leitbild.“
Hamburg. Der künftige Hamburger Ehrenbürger Michael Otto sieht die Stadt Hamburg auf einem guten Weg, Kulturmetropole wie München oder Berlin zu werden. „In Hamburg gibt es eine Spenden- und Förderbereitschaft wie in kaum einer anderen Stadt“, sagte Otto im Gespräch mit dem Abendblatt. Für die Hamburger Kaufleute sei es immer wichtig gewesen, etwas für die Kultur zu tun. So sei es zum Beispiel bei der Kunsthalle, der Laeiszhalle und der Elbphilharmonie gewesen. Der 70-jährige Aufsichtsratsvorsitzende der Otto Group forderte die Stadt auf, sich zu überlegen, mit welchen Aktivitäten Hamburg „ein Wir-Gefühl stärken und bilden“ könne. „Wir brauchen dafür ein Leitbild.“
„Das materielle Wohlergehen ist zwar wichtig, aber es ist nicht das, was die Menschen wirklich zusammenführt“, sagte der Unternehmer. Deshalb benötige die Stadt etwas Sinnstiftendes. Großprojekte, die sich positiv auswirkten, seien wichtig für Hamburg. So habe etwa die Olympiabewerbung seinerzeit zu eben diesem Wir-Gefühl in der Bevölkerung geführt. „Damals gab es eine regelrechte Sport-Aufbruchstimmung, die mich gefreut hat“, sagte Otto.
Die Stärken Hamburgs liegen aus seiner Sicht in der „guten sachlichen Arbeit“ der Politik. Zwar gebe es im Schöpferischen noch Raum für Verbesserungen. Wenn aber das Schöpferische überwiege und das Rechenhafte unterliege, „dann haben wir ein Problem“, sagte Otto mit Blick auf Städte wie Berlin. „Deshalb sind wir in Hamburg auch gut aufgehoben, so, wie wir seit Jahrzehnten regiert werden.“
Michael Otto begrüßte die Einigung der Stadt mit Hochtief in Sachen Elbphilharmonie. Es seien zwar von allen Beteiligten Fehler gemacht worden, „aber es muss zu Ende gebaut und eröffnet werden“. Die Einigung sei sinnvoll, damit endlich ein Schlussstrich gezogen werden konnte, sagte Otto. Er selbst hatte zehn Millionen Euro für das Projekt gespendet.
Der Unternehmer fand auch durchaus kritische Worte für seine Heimatstadt. So hätten die Verantwortlichen aufseiten der Stadt bei der Elbvertiefung viel früher das Gespräch mit Umweltverbänden, Obstbauern und Gemeinden suchen müssen. Seit Herbst 2012 liegt die Entscheidung über diese für den Hafen wichtige Infrastrukturmaßnahme beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. „Ich kann bei derartigen Projekten nur empfehlen, sich von Anfang an zusammenzusetzen“, so Otto. Er kritisierte, dass eine Reihe von Ausgleichsmaßnahmen bei der letzten Elbvertiefung bis heute nicht umgesetzt worden seien. Er selbst befürworte die Elbvertiefung, „aber unter Berücksichtigung von Umweltbelangen“.
Im Juni hatte der Senat beschlossen, Michael Otto die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Die höchste Auszeichnung der Stadt wird ihm verliehen für seine Verdienste als Unternehmerpersönlichkeit, Stifter, Kulturfreund und engagierter Bürger. Ottos vielfältiges persönliches Engagement in den Bereichen Kultur, Bildung, Umwelt und Soziales zeige, dass er in einem besonderen Ausmaß gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen wolle, hieß es zur Begründung. Am 15. August findet die feierliche Zeremonie statt. Zuvor stimmt noch die Bürgerschaft ab. Deren Zustimmung gilt als sicher.
Seite 9 Das Otto-Interview