Mit dem Tennisturnier am Rothenbaum und dem WM-Triathlon finden gleich zwei der wichtigsten Hamburger Sportereignisse parallel statt. Interview mit Michael Stich und „Upsolut“-Geschäftsführer Frank Bertling.

Turnierdirektor Michael Stich und „Upsolut“-Geschäftsführer Frank Bertling organisieren Events mit großen Zuschauerzahlen. Doch um die Marke „Hamburg“ weltweit bekannter zu machen, benötigen die Sportveranstalter mehr Unterstützung durch die Stadt und die Wirtschaft. Ein Gespräch über Medialisierung, einen fehlenden Schlüssel für Zuständigkeiten und den Lisicki-Haas-Effekt beim Tennis.

Hamburger Abendblatt: Was macht der „Hamburger Sportsommer“, die Union der größten Sportveranstalter in der Hansestadt? Man hört nicht mehr viel.

Michael Stich: Wir stehen im regen Gedankenaustausch, sind eng vernetzt, treffen uns mehrfach jährlich und pflegen den Kontakt zur Stadt, um die marketingtechnische Nutzung unserer Events zu optimieren.

Und um Zuschüsse locker zu machen?

Stich: Das klingt, als ob wir erwarten, von der Stadt subventioniert zu werden. Das ist natürlich nicht so. In Wahrheit erbringen wir eine hohe Gegenleistung für die jeweilige Summe.

Frank Bertling: Wir erwarten keine Almosen, sondern einen Leistungsaustausch mit der Stadt, so wie es in der Dekadenstrategie vorgesehen ist. Die Stadt sichert durch eine spezifische Art des Sponsoring Durchführung und Qualität der Veranstaltungen, die mehrheitlich den Prinzipien des Hamburger Formats gehorchen. Das heißt, zum Konzept gehört die Einbeziehung breiten- und behindertensportlicher Elemente dazu. Wir ermuntern die Menschen mitzumachen und nicht nur zuzuschauen.

Stich: Um es zu verdeutlichen: Wir transportieren die Marke „Hamburg“ in die Welt, locken Besucher hierher und tun letztlich etwas für die Einwohner der Stadt.

Bertling: Ganz oben auf unserer Leistungsliste steht die Medialisierung. Fast alle unsere Events erzielen erhebliche internationale TV-Reichweiten. Wer die Marke „Hamburg“ stärken will, benötigt dringend solche Medienpräsenz, denn wir sollten uns nichts vormachen: Berlin als Hauptstadt, Frankfurt als Bankenmetropole und München mit dem Oktoberfest sind jenseits unseres Kontinents, zumal in den USA, weitaus bekannter als Hamburg. Das sind zumindest unsere Erfahrungen.

Liefern Tennis und Marathon tatsächlich die gewünschten TV-Reichweiten?

Bertling: Gerade Tennis hat sehr hohe, globale Kontaktzahlen. Beim Marathon haben die deutlich gesteigerten Zeiten für starke Aufmerksamkeit in der internationalen Läuferszene gesorgt.

Andersherum profitieren die privaten Sportveranstalter von der Zugkraft Hamburgs mit seinem vielfältigen Kulturangebot, architektonischen Attraktionen und vielem mehr. Ist damit nicht schon das gleichgewichtige Geben und Nehmen gewährleistet?

Stich: Gäbe es uns nicht, gäbe es keinen Marathon, kein Radrennen und kein Weltklassetennis am Rothenbaum. Wir stellen das alles auf die Beine, organisieren und finanzieren diese Ereignisse und tragen das Risiko. Die Stadt stellt eben die Stadt zur Verfügung. Ich sehe das als Partnerschaft.

Der Senat gibt 500.000 Euro dazu, die die Veranstalter des „Sportsommers“ unter sich aufteilen, je nach Bedürftigkeit. Funktioniert diese Art der finanziellen Selbstverwaltung?

Stich: Das Geld wird zu gleichen Teilen gesplittet, wobei jeder Empfänger darzulegen hat, wofür er den Zuschuss benötigt beziehungsweise verwenden will. Das möchte die Stadt wissen, und das ist ja auch in Ordnung so.

Wie klappt die Kooperation mit der Hamburg Marketing?

Stich: Ganz so hoch im Kurs, wie wir uns das wünschen, steht der Sport dort noch immer nicht. Positiv ist aber, dass es Gespräche gibt.

Warum dauert es so lange, bis es konkrete Resultate gibt?

Bertling: Ich habe den Eindruck, die beteiligten Behörden der Stadt suchen noch nach dem Schlüssel, wer wofür zuständig ist. Immerhin herrscht Einigkeit darin, dass die Möglichkeiten, die der Hamburger Sportsommer für die Stadtwerbung bietet, noch nicht optimal ausgeschöpft werden.

Woran scheitert eigentlich die Suche an einem Dachsponsor für den „Hamburger Sportsommer“?

Stich: Das ist natürlich schwierig, weil sehr viele Großsponsoren bereits bei diesem oder jenem Einzelevent aktiv sind, und wir uns ja nicht gegenseitig die Geldgeber abjagen wollen. Es müsste also eine Kategorie geben, die noch frei ist. Da fiele mir momentan keine ein.

Bertling: Mir schon: Airbus. Über den Sport könnte dieses Riesenunternehmen mit seiner vorbildlichen Betriebssportabteilung exzellentes Standortmarketing betreiben – und Airbus würde sich endlich mal in Hamburg engagieren.

In diesem Jahr laufen Triathlon und die finale Phase des Tennisturniers parallel. Ein Desaster?

Stich: Das ließ sich nicht vermeiden, weil sich beide Veranstaltungen in erster Linie am Kalender der Weltverbände orientieren müssen. Unser Einfluss ist da ziemlich gering. Abgesehen davon, glaube ich nicht, dass wir uns wechselseitig die Zuschauer abjagen. Die Zielgruppen sind sehr unterschiedlich. Eher könnte ich mir vorstellen, dass sich die Elemente befruchten, dass Sportbegeisterte nach Hamburg kommen, um sowohl Triathlon als auch Tennis zu gucken. Für die Stadt an sich wäre es natürlich schöner, wenn sich die Highlights besser verteilten.

Bertling: Bei der Terminfindung spielen ja auch noch andere Dinge eine Rolle, beispielsweise der Formel-1-Kalender.

Wieso das denn?

Bertling: Weil die Öffentlich-Rechtlichen, die den Triathlon übertragen, nur äußerst ungern Sport gegen eine Formel-1-Übertragung auf RTL ausstrahlen. Also müssen wir aufpassen, dass wir nicht ausgerechnet auf so ein Wochenende rutschen.

Tennis in Deutschland ist ja nach dem Höhenflug der Jahre mit Becker, Graf und Ihnen, Herr Stich, abgestürzt wie der Dax nach der Lehman-Pleite. Wo verorten Sie Ihren Sport aktuell?

Stich: Ich bin sicher, wir sind auf dem aufsteigenden Ast. Unsere Vorverkaufszahlen sind höher als in den Vorjahren. Wir liegen im Plan und werden erneut mit Gewinn abschließen. Die sensationellen Auftritte von Sabine Lisicki in Wimbledon bedeuten weiteren Rückenwind, zumal bei den Männern zuvor schon Tommy Haas mehrere starke Turniere gespielt hatte. Dass alles hat zu einer verstärkten Wahrnehmung des Tennisgeschehens bei uns in Deutschland geführt. Inzwischen übertragen ja sogar die Öffentlich-Rechtlichen vereinzelt wieder Spiele live.

Bertling: Auch Marathon, Cyclassics und Triathlon sind wirtschaftlich kerngesunde Projekte. Aber wir stoßen mittlerweile an Kapazitätsgrenzen, zumindest, was die Teilnehmerzahlen anbetrifft. Bei den Erträgen aus dem Sponsoring werden wir keine Quantensprünge mehr erzielen können. Zugleich müssen wir steigende Kosten auffangen, die aus zusätzlichen Sicherheitsauflagen der Behörden oder verständlichen Forderungen von Anliegern erwachsen. Die Zahl der Abstimmungsprozesse hat sich deutlich erhöht.

Zum Beispiel?

Bertling: Im Hafen machen pro Jahr 200 Luxusliner fest. Deren Passagiere müssen sich an Land Richtung Innenstadt bewegen können, ohne dass sie nach 150 Metern an den Absperrungen der Triathlonstrecke hängen bleiben. Wir können uns auch nicht darauf verlassen, dass die Straßen von der Stadt optimal in Schuss gebracht werden. Deshalb fahren wir jeweils in den Tagen vor den Rennen mit eigenem Personal die Strecken ab, um übersehene Löcher in der Piste zuzuschütten. Das kostet selbstverständlich.

Halten Sie die Zuschauerzahl von 250.000 an den beiden Triathlontagen für steigerbar?

Bertling: Kaum. Das scheint mir so eine Art natürliche Grenze zu sein.

Reicht Ihre Fantasie, Herr Stich, sich vorzustellen, dass das Stadion am Rothenbaum mit seinen 13.000 Plätzen mal wieder voll wird?

Stich: Bis zur Zusage Federers, bei uns zu starten, hätte ich diese Frage wohl verneinen müssen. Nun könnte es passieren, dass ein mögliches Finale Haas gegen Federer für einen medialen Hype und einen ausverkauften Centre-Court sorgt.