Bisher kommen weniger als 5000 Gäste pro Tag. Wird das 2,5 Millionen-Ziel nicht erreicht, droht ein Millionendefizit. Die Stadt hat 70 Millionen Euro für die dauerhafte Nutzung der Anlage investiert.
Hamburg. Die Internationale Gartenschau (igs) in Hamburg hat einen holprigen Start hingelegt. Nur rund 350.000 Zuschauer kamen in den ersten 62 Tagen seit der Eröffnung Ende April zur igs. Für den Gesamtzeitraum hatten die Betreiber mit 2,5 Millionen Besuchern kalkuliert, um die Investitionen zu refinanzieren. Damit dieses Ziel noch erreicht werden kann, müssten in den verbleibenden 109 Veranstaltungstagen bis zum Ende der Schau am 13. Oktober jeden Tag 19.724 Besucher nach Wilhelmsburg kommen, in den ersten zwei Monaten kamen im Schnitt nur 4838 täglich. Geschäftsführer Heiner Baumgarten ist nicht zufrieden mit dem Start: „Es ist natürlich nicht so gelaufen, wie wir uns das erwartet hatten“, sagt Baumgarten, der mit dem Wetter und den attraktiven Konkurrenzveranstaltungen der letzten Zeit hadert: „Sich in einer Großstadt wie Hamburg als Event zu behaupten, ist eine Herausforderung. Es gab in den letzten Wochen gerade an den Wochenenden starke Konkurrenzveranstaltungen – vom Kirchentag über den Hafengeburtstag bis jetzt zu den Harley Days. Die Freizeitangebote sind sehr umfangreich..“
Bleiben die Besucherzahlen so gering, droht der igs und damit der Stadt ein Millionendefizit. Die Stadt hat 70 Millionen Euro für die dauerhafte Nutzung der Anlage investiert, die igs-GmbH als hundertprozentige Tochterfirma der Stadt weitere 50 Millionen Euro für die tägliche Durchführung per Kredit finanziert, der durch die Einnahmen refinanziert werden soll. Werden die kalkulierten Besucherzahlen nicht erreicht, ist wie bei allen Gartenschauen die Stadt zu 100 Prozent in der Pflicht, das Defizit auszugleichen. „Wir wollen die Differenz natürlich so klein wie möglich halten und trotz des schwierigen Starts gegensteuern. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann dies durchaus noch gelingen“, sagt Baumgarten. Konkrete Zahlen könne der igs-Geschäftsführer aber derzeit nicht nennen: „Stand heute wäre das schon eine größere Summe, alles andere wäre aber reine Spekulation. Im Oktober machen wir einen Strich. Erst dann können wir belastbare Aussagen treffen.“
Immer wieder in der Kritik stehen die Preise der Gartenschau. Wie berichtet, forderte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan, den Eintritt von 21 Euro auf 15 Euro zu senken. „Jetzt in der Ferienzeit bietet sich die letzte Chance, Besucher für die igs zu gewinnen“, sagt er. Auch die CDU ist für Vergünstigungen. „Besonders für Familien, Senioren und Hamburger mit geringem Einkommen muss der Eintritt billiger werden“, sagt Roland Heintze, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Als Haushaltspolitiker halte er es für unerlässlich, die Besucherzahlen zu steigern. „Sonst läuft die Finanzierung aus dem Ruder.“ Auch die Linke kritisiert die hohen Preise; sie fordert einen auf 9 Euro reduzierten Eintritt für Hartz-IV-Empfänger und eine Begrenzung auf 20 Euro für Familien. Für Heiner Baumgarten kommt eine Preissenkung aber nicht infrage: „Wir befinden uns im Vergleich zu anderen Tagesveranstaltungen mit einem derart umfassenden Freizeitangebot durchaus in einem sehr gängigen Preisniveau, da können wir jeden Vergleich bestehen“, sagt Baumgarten, der lieber einen anderen Weg gehen will.
Mit verschiedenen Sommer-Aktionen will die Gartenschau das mangelnde Besucheraufkommen zu Beginn kompensieren. Das Feierabendticket für 9 Euro gilt jetzt bereits ab 17 Uhr, also eine Stunde früher als bisher. Mit dem Oma-Opa-Enkel-Ticket zahlen Großeltern in Begleitung ihrer Enkelkinder 17 statt bisher 21 Euro, bei einem Enkel reduziert sich der Eintritt nur für ein Großelternteil. Die Enkel (bis 17 Jahre) kommen gratis auf die Gartenschau. Damit will die Gartenschau neben den klassischen Besuchern eine neue, junge Klientel für sich begeistern. Auch mit der Aktion „kids for free“ wirbt sie ums junge Publikum. Wer 17 Jahre und jünger ist, hat ab dem 1. Juli immer montags freien Eintritt zur Gartenschau. Ob es gelingt die regnerischen und kalten Wochen zu kompensieren, sei ungewiss, sagt Baumgarten. „Wir wollen die Grenze von zwei Millionen Besuchern auf jeden Fall erreichen, aber unser Ziel müssen die 2,5 Millionen bleiben.“
Kritik wird auch an der Bepflanzung geübt. Schon der Haupteingang gleiche einer Beton-Wüste, sagt etwa Norbert Linse, Vorsitzender eines Kleingartenvereins. Auch auf dem Gelände selbst blühe zu wenig. „Es gibt viele Wege und viel Grün, aber keine Vielfalt“, sagt der Hobby-Gärtner. „Mit einer Gartenschau hat das nicht viel zu tun.“ Lediglich in den Kulturlandschaften am südlichen Zipfel des Gartenschau-Geländes vermittelten blühende Flächen den Eindruck, den man von einer solchen Veranstaltung erwarte.