Das Bismarck-Denkmal ist in einem schlechten Zustand und neigt sich sogar. Die SPD im Bezirk will jetzt eine Sanierung durchsetzen. Im Gespräch ist ein privater Investor, der einen Musikclub eröffnen könnte.
Hamburg. Reichskanzler Bismarck ragt weithin sichtbar aus den Bäumen des Alten Elbparks. Mit dem riesigen Schwert, der martialischen Rüstung und dem entschlossenem Blick wirkt das Koloss unverwüstlich. Doch der Schein trügt. Die Granit-Figur neigt sich bereits. Die Wände des Sockels werden von mächtigen, rostzerfressenen Zugankern zusammengehalten. Tiefe Risse durchziehen die Mauern, die kontinuierlich nach außen driften. Ursache ist der Druck von 2000 Tonnen Beton. Damit wurden im Zweiten Weltkrieg Zwischendecken und Trennwände eingezogen, das 1906 feierlich enthüllte Denkmal wurde zur Zufluchtstätte bei Bombenangriffen.
Das Innere muss einst ein Gewölbe gewaltigen Ausmaßes gewesen sein. Jetzt liegen die Schutzräume wie acht Tortenstücke wabenartig um einen 15 Meter hohen steinernen Kegel, der den unteren Teil der Bismarck-Figur bildet. In seine dicken Mauern ist eine Tür eingelassen. Durch sie betritt man das Kegelinnere. An der Wand prangt das hohe Gemälde des Reichsadlers, darunter haben sich Schmierfinke verewigt, die letzten im Jahr 1979. Eine Galerie umrundet die Kegelaußenmauern, quasi ein Rundgang durch die Schutzräume. Hier gibt es viel zu entdecken. Wandmalereien und Zitate oft nationaler Gesinnung, reich verziert mit Ornamenten und Eichenlaub. Auch ein Hakenkreuz als Sonnenrad ist zu sehen, und das Familienwappen der Bismarcks. Die Gelände der Treppen, die in die unteren Ebenen der Schutzräume führen, sind teilweise weggerostet und liegen auf dem Boden. Der ist übersät mit Unrat und Scherben, dazwischen bilden sich weiße Stalagmiten, darüber Stalaktiten, denn unaufhörlich rinnt kalkhaltiges Wasser durch die Mauerritzen.
Falko Droßmann bricht eines der weißen, dünnen Kalkgebilde ab und zerreibt sie zwischen den Fingern. Der Vorsitzende der SPD Hamburg-Mitte hat große Pläne. Seine Partei will die Sanierung des Denkmals, die Wiederherstellung des historischen Elbparks und den Wiederaufbau der Kersten-Miles-Brücke durchsetzen. Einen entsprechenden Antrag wird sie am Donnerstag in der Bezirksversammlung stellen.
Als studierter Historiker ist Droßmann fasziniert von dem Ort, der Teil der ursprünglichen Hamburger Wallanlagen ist. Sie erstreckten sich ab dem 17. Jahrhundert in einem weiten Bogen von der Elbe über die Alster. „Die Wallanlagen bestanden aus 22 Bastionen und einem Wassergraben“, sagt Droßmann, nachdem wir über eine Holztreppe und durch eine schwere Luke wieder ans Tageslicht geklettert sind. Mächtig erhebt sich das größte Bismarck-Denkmal der Welt über uns. „Wir stehen auf der ehemaligen Bastion Casparus, wie alle Bastionen nach einem Ratsherrn benannt“, weiß der Politiker. „Anfang des 19. Jahrhundert gab es hier einen Vergnügungspark mit Varieté, Theater und einem festen Pavillon, in dem die Besucher einkehren konnten.“ So ähnlich soll es hier bald wieder zugehen. Wenn es nach Droßmann ginge, soll die Grünanlage, die seit Jahrzehnten vernachlässigt wird, nach und nach komplett umgestaltet werden. „Man könnte die historischen Sichtbeziehungen wieder herstellen und den Baum- und Strauchbestand in besseren Zustand versetzen“, sagt er. Der Park solle ein barrierefreies Wegenetz bekommen, der Bolzplatz südlich des Denkmals ein neues Konzept. Die angebrannte Kersten-Miles-Brücke solle fachgerecht in Ziegenbauweise renoviert, die nachträglich entstandenen Hänge an der Helgoländer Allee zurückgebaut werden.
Für das Denkmal selber müsse zunächst mit der Eigentümerin, der Kulturbehörde, geklärt werden, ob auch die nachträglichen Betoneinbauten aus dem Krieg denkmalgeschützt seien. Dann müssten die Kosten für eine Sanierung festgestellt werden. Auch die Außenanlagen, auf denen Unkraut wächst, sollen neu gestaltet werden. „Der Bezirk hat hier jahrelang nur ausgebessert. Wir müssen endlich die gesamte Anlage anfassen“, sagt Droßmann.
Auch für eine spätere Nutzung bestehen schon Ideen. „Es gibt mehrere st.-pauli-affine Interessenten, die das Denkmal als Musikklub oder Café nutzen wollen“, sagt er. Die Mittel dafür aufzutreiben, sie dürfen bei rund zehn Millionen Euro liegen, wäre seiner Ansicht nach möglich. Daher will die SPD Bezirksamtsleiter Andy Grote auffordern, eventuelle Fördermöglichkeiten durch die Stadt, den Bund, die EU oder andere Töpfe zu prüfen.