Die Krise hält an und kostet Anleger in Schiffsfonds Millionen. Offen verkauft 14 Schiffe, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können.
Hamburg. Die Krise in der Schifffahrt hält unvermindert an und kostet die Anleger in Schiffsfonds sehr viel Geld. Die Hamburger Reederei Claus-Peter Offen muss auf Druck der Banken 14 kleinere Containerschiffe verkaufen, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Die Anleger mochten kein frisches Geld mehr in die Schiffe investieren. „Die finanzierenden Banken haben nunmehr erklärt, dass sie die Kapitalmaßnahme als gescheitert betrachten“, heißt es in einem Schreiben an die Anleger, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Sie sollen dem Verkauf zustimmen.
Für die Anleger bedeutet das den Totalverlust ihres eingezahlten Kapitals. Der Verkaufserlös für die gebrauchten Schiffe wird nicht ausreichen, um die Kredite der Schiffsbanken zu tilgen. Die hoffen, bei einem geordneten Verkauf mehr zu erlösen als bei einer Insolvenz und einer Zwangsversteigerung. Die Reederei Offen dirigiert mehr als 100 Schiffe, die meisten davon Containerfrachter, und ist damit die größte deutsche Charterreederei.
Deutschland ist durch die Finanzierungsmodelle der Schiffsfonds zu einer der weltweit führenden Schifffahrtsnationen geworden. Die Anleger brachten das Eigenkapital auf, die Schiffsbanken gaben Fremdkapital und die Reedereien vercharterten die Schiffe an den Meistbietenden. Das war bis 2008 ein sicheres und einträgliches Geschäft, weil die Schifffahrt über Jahrzehnte ein Markt mit teils zweistelligen Wachstumsraten war. 2007 sammelten die Schiffsfonds noch rund drei Milliarden Euro bei Anlegern ein.
So bauten die deutschen Reeder eine der größten Handelsflotten der Welt auf, mit mehr als 3700 Schiffen und einer großen Dominanz vor allem in der Containerschifffahrt. Im Glauben, dass sich das Wachstum weiter fortsetzen werde, bestellten die Reeder weit mehr Schiffe als gebraucht wurden. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise brachen die Preise völlig zusammen, für den Gütertransport, für das Chartern eines Schiffes und für gebrauchte Schiffe. Nach den meisten Prognosen werden die Schifffahrtsmärkte erst im nächsten Jahr wieder ein Gleichgewicht finden.
Nach einer Studie des Analyseunternehmens Deutsche Fondsresearch sind bislang 113 Schiffe in die Insolvenz gegangen. 266 Fonds sind in der Sanierung, 84 Schiffe wurden verkauft. „Die Sanierungsfälle haben zugenommen, und das Ende ist noch nicht abzusehen“, sagte Geschäftsführer Nils Lorentzen. Nach Schätzungen des Reederverbandes stehen um die 500 Schiffe auf der Kippe, einige Anleger-Anwälte sprechen von bis zu 1000 – das wäre ein Viertel der deutschen Handelsflotte. Je länger die Krise dauert, desto mehr Schiffe geben auf. Eine befristete Überbrückungshilfe vom Bund, wie sie die Reeder fordern, ist nicht in Sicht. Anlegerkapital ist nicht mehr zu mobilisieren und die Banken ziehen sich aus dem Geschäftsfeld völlig zurück oder vergeben Kredite nur sehr zurückhaltend.
Insgesamt sind mehr als 50 Milliarden Euro in Schiffsfonds investiert; nur die Immobilienfonds haben noch mehr Anlegerkapital eingesammelt. Wie hoch der Schaden bei den Anlagern ist, kann kaum berechnet werden, aber er geht in die Milliarden. Allein das Kommanditkapital der Schiffsfonds in Sanierung beträgt fast vier Milliarden Euro. Die Anleger verlieren ihr gesamtes Geld, müssen bereits ausgezahlte Gewinne zurückgeben oder werden zu Nachzahlungen aufgefordert. Etliche Anwaltsbüros haben sich bereits darauf spezialisiert, für die Anleger die Kastanien aus dem Feuer zu holen und den Verkäufern der Fonds Falschberatung nachzuweisen. Nur dann gibt es eine Chance, vielleicht einen Teil der Anlage zurückzuholen.