Das Hamburger Laserunternehmen expandiert in die Volksrepublik, weil die Zahl der OPs in Deutschland stagniert. Der Wettbewerb wird härter. In Deutschland betreibt EuroEyes derzeit 16 Standorte.
Hamburg. Für bekannte deutsche Marken wie VW oder Montblanc ist China bereits der größte Markt. Nirgendwo werden so viele Neuwagen, so viele PCs, so viele Smartphones verkauft wie in der Volksrepublik. Der Hunger der Chinesen in Shanghai, Hongkong oder der weltgrößten Stadt Chongqing auf westliche Produkte und den entsprechenden Lebensstil ist riesig. Als erstes Gesundheitsunternehmen aus Europa macht sich dies jetzt EuroEyes zunutze. Das Augenlaserzentrum mit Sitz in Hamburg hat gerade eine Niederlassung in Shanghai eröffnet. "Bisher sind viele Chinesen nach Deutschland oder in die USA gereist, um sich lasern zu lassen", sagt EuroEyes-Gründer Jørn Slot Jørgensen, "jetzt kommen wir zu ihnen."
In Deutschland betreibt EuroEyes derzeit 16 Standorte mit insgesamt 150 Mitarbeitern, davon 20 in der Zentrale in der Hansestadt. Etwa jede fünfte Laser-OP der 100.000 Eingriffe bundesweit übernimmt einer der Ärzte von EuroEyes. In China hat Jørgensen jetzt vier Millionen Euro investiert und noch einmal 20 Beschäftigte eingestellt, die ihn dort unterstützen. Einmal im Monat reist Jørgensen ins Reich der Mitte, um zu operieren. Ein wenig Chinesisch, um sich während des Eingriffs unterhalten zu können, hat er bereits gelernt.
Probleme mit den Augen sind in China ein Massenphänomen: Während in Europa weniger als die Hälfte der Menschen unter Kurzsichtigkeit leidet, können in der Volksrepublik 80 Prozent schlecht in der Ferne sehen. Durch diese Fehlentwicklung des Auges sind Chinesen darüber hinaus anfälliger für eine Makula-Degeneration oder Netzhautablösungen. "Die entsprechenden Behandlungen bieten wir alle an", fasst Jørgensen sein Dienstleistungspaket in Asien zusammen. Zunächst rechnet der Däne in Shanghai mit 1000 bis 2000 Patienten im Jahr. Das Wachstum der Stadt, die im Jahr etwa eine Million neue Einwohner zählt, verspreche darüber hinaus enorme Chancen, schwärmt der Augenchirurg.
Das Herz des selbstbewussten Firmengründers schlägt nicht nur für die Medizin - der Facharzt denkt auch sehr unternehmerisch. Immerhin entstammt der Chef von EuroEyes einer Familie, die in der Schifffahrt ihr Geld gemacht hat. Die Zahlen müssen bei Jørgensen auch bei den OPs stimmen. Immerhin kostet ein Lasergerät mehrere Hunderttausend Euro. Um diese Ausgaben wieder hereinzuspielen, muss EuroEyes jährlich Tausende Patienten gewinnen. Diese sind zudem Selbstzahler, denn bei der medizinisch nicht notwendigen Korrektur per Laser (Lasik) handelt es sich um eine privatärztliche Leistung, die von den Kassen in der Regel nicht erstattet wird.
Bisher ließen sich weltweit seit Einführung der Methode im Jahr 1989 etwa 16 Millionen Menschen mit Lasik behandeln - und fast alle Patienten sind mit der Therapie zufrieden, zeigen aktuelle Analysen. Fünf Prozent der Betroffenen geben allerdings an, nach der OP nicht glücklich mit den Ergebnissen zu sein (siehe Infokasten).
Nicht nur die Diskussion über die Zuverlässigkeit der OPs, sondern auch ein ohnehin fast schon gesättigter Markt treibt EuroEyes nach China. In Deutschland stagniert die Zahl der Menschen, die sich per Laser von ihrer Brille verabschieden möchten, seit einigen Jahren. EuroEyes plant aus diesem Grund derzeit keine weiteren Filialen im Heimatland, denkt aber schon an einen zweiten Standort in China.
Zugleich drängen immer mehr Konkurrenten auf den deutschen Markt. So hat jetzt Care Vision ein Beratungszentrum in der Hamburger Innenstadt eröffnet, ganz in der Nähe von EuroEyes, die am Opernboulevard sitzen. Care Vision hat bundesweit 17 Standorte, beschäftigt ein Team von 25 Mitarbeitern in der Hansestadt und lasert hier im Augenzentrum des UKE. Der zu einem spanischen Konzern gehörende Anbieter expandiert nicht ohne Grund in Deutschland: In Südeuropa, wo eine Brille noch viel eher als Makel des eigenen Aussehens gilt, gehen die OP-Zahlen sogar zurück.
Hier war der Anteil der Fehlsichtigen, die sich lasern lassen, bisher zwar viel höher als in Deutschland. Doch die Krise bremst solche Luxusausgaben der Verbraucher in Ländern wie Spanien und Italien. Die Businesspläne von Care Vision sind dennoch ehrgeizig: Die Gruppe strebt nach eigenen Angaben danach, die europaweite Marktführerschaft im Bereich der refraktiven Chirurgie zu übernehmen, also bei den Eingriffen, welche Brille oder Kontaktlinsen überflüssig machen sollen. Neben Care Vision ist auch Optical Express an die Elbe gekommen, die sich selber bereits als Europas Nummer eins sehen. Diese Kette unterhält inzwischen zehn Standorte bundesweit.
Der Expansionsdrang der Operateure treibt den Preiskampf an. Während EuroEyes nach Aussage von Jørgensen für eine Lasik-OP von 1250 Euro bis über 2000 Euro pro Auge verlangt, wirbt Care Vision damit, Laserkorrekturen für maximal 1250 Euro pro Auge anzubieten. "Lasik schon ab 795 Euro", unterbietet zudem Optical Express auf seiner Homepage die beiden anderen großen Ketten.
Während der Wettbewerb und die konjunkturellen Schwankungen den Augenlaserspezialisten das Leben schwermachen, beflügelt der technische Fortschritt ihre Arbeit. Menschen mit Alterssichtigkeit und/oder Grauem Star können seit einiger Zeit auch mit dem Laser behandelt werden. Hierbei operierten die Ärzte bisher meist noch von Hand. Auf diesem Feld liegt noch enormes Wachstumspotenzial wegen des demografischen Wandels.
Jørgensen nutzt gerne solche Innovationen, um sein Angebot zu erweitern. Vor einigen Tagen hat er in China die erste Laseroperation am Grauen Star überhaupt vorgenommen. Ein Ereignis, das schon im Vorwege für großes Aufsehen sorgte - die Operation wurde sogar von einem Fernsehteam aufgenommen. Neuheiten "made in Germany" kommen eben weiterhin gut an in der Volksrepublik.