Um kurz nach 17 Uhr stellte die Polizei am Montag die Suche nach Lorenz erneut erfolglos ein. Mit drei Booten und einem Unterwasser-Rechen wurde zuvor den ganzen Tag nach dem 13-Jährigen gesucht.
Rotherbaum. Nach dem Bootsunfall auf der Hamburger Außenalster hatte die Polizei die Suche nach dem vermissten 13-Jährigen am Montag mit drei Booten fortgesetzt - aber um kurz nach 17 Uhr erneut erfolglos beenden müssen. Dabei kam zum Wochenbeginn auch ein Unterwasser-Rechen zum Einsatz, um den Untergrund der Alster abzusuchen. So konnte zwar effektiv ein großer Bereich unter Wasser abgesucht werden, von dem Schüler fehlt aber weiterhin jede Spur.
Die Einsatzkräfte hatten auch in der Nacht zum Montag erfolglos nach dem vermissten Jungen gesucht. Er war am späten Freitagnachmittag beim Training mit seinem Ruderboot gegen eine Fahrwassertonne gestoßen und gekentert. Polizei und Feuerwehr durchkämmen das Gewässer seit dem Unglück intensiv nach dem Jugendlichen. Wie jetzt bekannt wurde, soll der 13-Jährige keine Schwimmweste getragen haben.
Rückblende: Am Freitagnachmittag um 16 Uhr startet Lorenz mit seiner Trainingsgruppe des Ruder-Clubs Favorite Hammonia. Er sitzt in einem Ruder-Einer - das sind besonders bewegungsempfindliche und etwa fünf Meter lange Sportboote. Nach einigen Hundert Metern ereignet sich kurz darauf das Unglück. Der 13-Jährige war zu diesem Zeitpunkt in seiner Gruppe etwas zurückgefallen, vielleicht will er jetzt Boden gutmachen und wird dabei unaufmerksamer - jedenfalls rammt er die Boje 5. Diese wurde etwa 50 Meter vom Ufer entfernt als Markierung ausgelegt, damit Segler oder Alsterdampfer nicht zu nahe an die Böschung heranfahren. Das Boot kippt auf die Seite, der Junge verliert das Gleichgewicht und stürzt in die nur elf Grad kalte Alster.
Ein Trainingskollege bemerkt das Unglück und ruft mit seinem Telefon Hilfe herbei. Zunächst klammert sich der Junge laut Zeugenaussagen noch an sein Schiff, doch als die Beamten eintreffen, ist von Lorenz nichts mehr zu sehen.
Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus. Zwar wurde das Ruderboot, mit dem der Junge verunglückte, sichergestellt. Ermittlungen gegen dritte Personen gibt es laut Hauptkommissarin Karina Sadowsky aber bislang nicht. Das noch sehr kalte Wasser könnte der Grund dafür sein, dass der Junge, der schwimmen konnte, dennoch unterging. "Die tödliche Gefahr eines Sturzes in kaltes Wasser wird leider oft unterschätzt", sagt dazu der Cuxhavener Internist und Tauchmediziner Jens Kofahl. "Kalt" bedeute in diesem Zusammenhang eine Wassertemperatur von 15 Grad und weniger. Der Kälteschock könne innerhalb von drei bis fünf Minuten nach dem Eintauchen zum Tod führen; nicht nur bei Älteren, sondern auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In Panik sinke die Fähigkeit zum Luftanhalten auf etwa zehn Sekunden, und das Risiko, Wasser in die Atemwege zu bekommen, steige rapide.
Polizei und Feuerwehr waren die vergangenen drei Tage mit einem Großaufgebot an der Alster. Neben mehreren Booten wurden Taucher und auch ein Polizeihubschrauber eingesetzt, der mithilfe einer Wärmebildkamera versuchte, den Jungen zu orten. Der Einsatz weitete sich schließlich zu einer der größten Suchaktionen der vergangenen Jahrzehnte auf der Alster aus. Dabei wurden auch sogenannte Ortungshunde von Hunderettungsstaffeln aus ganz Norddeutschland eingesetzt. Diese Tiere sind in der Lage, auch Körper, die bis zu zehn Meter tief unter Wasser liegen, zu orten. Dieser Einsatz und weitere Suchaktionen am Sonntag, bei denen allein die Polizei sieben Taucher einsetzte, verliefen jedoch ergebnislos.
Die Eltern des Jungen waren am Freitag zur Unglücksstelle gekommen. Von einem Seelsorger und Angehörigen des Kriseninterventionsteams des DRK betreut, trauerten die Eltern abgeschirmt in einem Fahrzeug um ihren Jungen. Später gingen sie direkt ans Alsterufer. Dabei tauchte die Mutter ihre Hand in das Wasser, so, als wolle sie von ihrem Kind Abschied nehmen. Auch am Wochenende standen Angehörige des Kriseninterventionsteams den Eltern zur Seite.
Auch in dem Ruderverein, in dem der Junge erst seit wenigen Wochen Mitglied gewesen sein soll, war die Bestürzung groß. Ein für das Wochenende geplantes Stiftungsfest wurde abgesagt, die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Ein Unglück wie dieses hatte es in dem seit 1854 bestehenden Ruderclub noch nicht gegeben. Viele Kinder und Jugendliche sind Mitglieder in dem Verein, in dem der Rudersport bereits von Achtjährigen erlernt werden kann. Schwimmwesten sind auch bei etwas älteren Sportlern nicht üblich, aber Kinder unter 12 Jahren tragen diese eigentlich immer. Kommt es einmal zu einem Sturz ins Wasser, haben die Sportler laut Vereinsvorstand Wolfgang Rauhut die Anweisung, sich am Boot festzuhalten. Trainer begleiten die jungen Ruderer in Motorbooten.