Wirtschaftssenator präsentiert Pläne für Anleger auf Steinwerder. HPA bekommt Projektverantwortung. Ankündigungen zum Bau des neuen Kreuzfahrtterminals haben in den vergangenen Tagen für Wirbel gesorgt.
Hamburg. Der Bau eines dritten Kreuzfahrtterminals im mittleren Freihafen hat eine wichtige Hürde genommen. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Hafen-Chef Jens Meier haben große Reedereivertreter bei einem Spitzengespräch am Mittwoch offenbar für den Standort gewinnen können. In dem mehrstündigen Treffen am Flughafen Fuhlsbüttel sowie einer Besichtigung vor Ort präsentierte Horch dem Vizepräsidenten der weltgrößten Reederei Carnival, Giora Israel, sowie dem Vize-Chef von MSC-Kreuzfahrten Neil Palomba seine Pläne für den neuen Anleger auf Steinwerder.
Diese zeigten sich offen für die neue Lösung. Inhaltlich wollten sich die Teilnehmer anschließend nicht äußern. Sie verabredeten aber, die Gespräche heute fortzusetzen. Schon in Kürze wird ein Ergebnis erwartet. Israel sprach nach dem Treffen von "angenehmen und fruchtbaren" Gesprächen, die weitergehen sollen.
Frank Horch sagte nach dem Treffen: "Heute ist der konstruktive Dialog zum Bau eines dritten Kreuzfahrtterminals unter den Partnern geführt worden. Die Gespräche gehen morgen und in den nächsten Tagen weiter." Er übertrug die Projektverantwortung der Hamburg Port Authority (HPA). Er kündigte zudem an, dass der Hamburger Flughafen in die Planungen eingebunden werden soll.
Horchs Ankündigungen zum Bau des neuen Kreuzfahrtterminals haben in den vergangenen Tagen für erheblichen Wirbel gesorgt. Vor allem die Frage, warum er einen völlig neuen Standort ins Spiel gebracht hat, stieß vielfach auf Unverständnis. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Projekt.
Warum ist das Kreuzfahrtgeschäft für Hamburg wichtig?
Jahrzehntelang war Hamburg mit dem klassischen Hafenmodell als Drehscheibe für Waren aus aller Welt sehr erfolgreich. Der Containerumschlag verzeichnete jährlich hohe Wachstumsraten, in einigen Jahren sogar zweistellig. Das ist seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 vorbei. Der Containerumschlag wird weiter wachsen, aber nicht mehr in dem Umfang wie zuvor. Das Kreuzfahrtgeschäft boomt hingegen. Das Passagieraufkommen hat sich seit 2005 verzehnfacht. In diesem Jahr soll es nach Auskunft des Vereins Hamburger Cruise Center (HCC) um 16 Prozent wachsen. Zwar ist die Wertschöpfung eines Kreuzfahrtterminals wesentlich geringer als die eines gut ausgelasteten Containerterminals. Dennoch ist das Kreuzfahrtgeschäft volkswirtschaftlich von Bedeutung. Einer Studie der Handelskammer Hamburg zufolge sind allein im Jahr 2011 nach Abzug von Vorleistungen 204,6 Millionen Euro durch die Branche in der Hansestadt erwirtschaftet worden.
Welche Interessen verfolgen die Reedereien?
Selbst nach der Havarie der "Costa Concordia" ist das Interesse am Kreuzfahrtgeschäft in Europa ungebrochen. Die großen Betreiber sind an dem deutschen Markt sehr interessiert, der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 2,6 Milliarden Euro. Das sind 11,3 Prozent mehr als 2011. Die Millionenstadt Hamburg gilt als gewinnbringender Standort. Und ist deshalb unter den Kreuzfahrern ein hart umkämpfter Markt. Erst kürzlich gab die weltweit zweitgrößte Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean International, die bisher nur vereinzelt Schiffe nach Hamburg schickte, bekannt, ihr Engagement in der Stadt zu verstärken. Angesichts der begrenzten Zahl an Liegeplätzen an den beiden Terminals in der HafenCity und in Altona, ist es deshalb Ziel der Reedereien exklusiv, ein eigenes Terminal in Hamburg zu bekommen. Weltmarktführer Carnival, zu dem neben der bekannten deutschen Reederei Aida auch so namhafte Marken wie Costa und Cunard gehören, wollte sich ein solches Terminal bisher am Überseezentrum nahe den Elbbrücken sichern und hat dazu Gespräche mit der Stadt und mit der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) geführt.
Worin liegt das Interesse der Stadt?
Die Hamburger Wirtschaftsbehörde hat es bisher vermieden, Terminals ausschließlich für eine Reederei zu reservieren. Und sie hat auch beim Bau eines dritten Terminals wenig Interesse daran. Zudem muss sie sicherstellen, dass sich der Neubau rechnet. Die Umgestaltung des Überseezentrums wäre sehr teuer. Deshalb hat sie nach einer Alternative gesucht, und diese im mittleren Freihafen gefunden. Auf einem 125 Hektar großen Gelände sollte ursprünglich ein großes Umschlagsterminal gebaut und Logistikunternehmen angesiedelt werden. Doch der Bedarf besteht aufgrund des gebremsten Wachstums derzeit nicht. Da die zuständige Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) aber bereits die bisherigen Pachtverträge für die Flächen aufgelöst hat, ist die Wirtschaftsbehörde auf die Idee gekommen, auf einem Teil des Geländes zumindest interimsweise für mindestens zehn Jahre das dritte Kreuzfahrtterminal anzusiedeln. Da hier, am Kronprinzkai, bereits ein 500 Meter langer, intakter Anleger existiert, würde die Errichtung des Terminals nur etwa 50 Millionen Euro verschlingen, und damit rund die Hälfte der Kosten eines Umbaus des Überseezentrums. Und auch die andere Bedingung, nämlich das Terminal für alle Kreuzfahrtanbieter offen zu halten, ließe sich hier umsetzen, weil die Verantwortung für das Projekt bei der Stadt bliebe.
Wer soll das Terminal bauen und betreiben?
Die Stadt will die Fäden bei dem Bau in der Hand behalten. Projektsteuerer wird die Hamburg Port Authority, der die Flächen auch gehören. Weder die Wirtschaftsbehörde noch die HPA verfügen über Erfahrung im Boarding größerer Passagiermengen. Deshalb wird der Flughafen Hamburg in die Verhandlungen mit eingebunden, der die Expertise darin hat. Finanziert werde soll der Bau über eine Gebühr die pro Kopf von den Passagieren erhoben wird.
Wie sollen die Passagiere von Steinwerder in die Stadt kommen?
Anders als die bereits bestehenden Kreuzfahrtanleger in der HafenCity und in Altona, ist das neue Terminal auf der anderen Seite der Elbe und liegt mitten im Hafen. Der Kronprinzkai ist für Autos über die Köhlbrandbrücke oder über die Versmannstraße mit der Hamburger City verbunden. Die Passagiere sollen vom neuen Anleger mit Bussen oder mit Hafenfähren ans andere Elbufer transportiert werden.