Warum baut der Senat weiter mit Hochtief? Bürgermeister Scholz und Kultursenatorin Kisseler wollen den Fraktionschefs Akteneinsicht geben.

Hamburg. Im erbitterten Streit um die Elbphilharmonie gibt es eine vorsichtige Annäherung zwischen Senat und SPD-Fraktion auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Kultursenatorin Barabara Kisseler (parteilos) sagten den Fraktionschefs am Donnerstag zu, dass die Akten, aus denen hervorgeht, warum sich der Senat für den Weiterbau mit Hochtief entschieden hat, schon von Montag an sukzessive vorgelegt werden. Außerdem bot Scholz an, jederzeit für Gespräche zur Verfügung zu stehen.

Ein Durchbruch sei das aber noch nicht, betonten beide Seiten.

"Der Bürgermeister ist jede Erklärung schuldig geblieben, warum er die Akten nicht vorher vorgelegt hat", sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich nach dem eineinhalbstündigen Krisentreffen im Bürgermeisteramtszimmer. "Wir sehen es kritisch, dass die vom Bürgermeister selbst gewählten Fristen zu unseren Lasten gehen." Wersich kritisierte weiter, dass es lediglich einen Aktensatz für fünf Fraktionen geben soll. "Wir brauchen schon vier Wochen, um die zu sichten und uns eine Meinung zu bilden." Die verkürzte Frist gehe allein zu Lasten der parlamentarischen Arbeit.

FDP-Fraktionschefin Katja Suding sagte: "Wir wollen wissen, auf welcher Entscheidungsgrundlage der Bürgermeister Hochtief nicht gekündigt hat, um uns eine Meinung bilden zu können. Wir werden unsere Zustimmung davon abhängig machen, wie relevant die Akten sind, die wir bekommen."

Norbert Hackbusch (Linke) verwies darauf, dass die SPD hat im Untersuchungsausschuss immer wieder kritisiert habe, dass Entscheidungen unter großem Zeitdruck getroffen wurden. "Nun macht sie diesen Zeitdruck selbst."

„Wir haben großes Interesse an einem einvernehmlichen Zeitplan“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel nach dem Treffen. „Und wir werden alles möglich machen, was dem dient.“ Eine Sondersitzung der Bürgerschaft in den Ferien Ende Juni wolle zwar niemand, sei aber auch nicht ausgeschlossen. Nur an dem Termin 30. Juni sei nicht zu rütteln, so Dressel. „Irgendwann müssen wir die Sache auch mal abschließen.“

Nachdem die Opposition die Elbphilharmonie-Akten bereits im Januar geschlossen angefordert hatte, wollte der Senat sie ursprünglich bis Ende Februar vorlegen – parallel zum Vertragsabschluss mit Hochtief. Weil dieser sich jedoch verzögerte, war dann der 9. April avisiert worden. Doch daraus wurde am Dienstag Ende April gemacht – woraufhin der Opposition endgültig der Kragen platzte. Unter diesem Zeitdruck lehnte sie es ab, dass die Bürgerschaft schon am 12./13. Juni abschließend über die Neuordnung des Projekts abstimmt. An den Tagen ist die letzte Sitzung vor der Sommerpause, und die muss erreicht werden, denn in den neuen Verträgen ist vereinbart, dass die Bürgerschaft der Neuordnung bis zum 30. Juni zustimmen muss. Andernfalls kann sie für nichtig erklärt werden. In dem Fall hätte Hochtief Anspruch auf Schadenersatz und könnte die Kosten für die Neuordnung von der Stadt zurückverlangen.

Nach zwei Jahren Streit und eineinhalb Jahren Baustillstand waren die insgesamt sieben neuen Verträge in der Nacht zu Mittwoch unterschrieben worden. Sie sehen im Kern vor, dass Hochtief und die Architekten Herzog & de Meuron – bislang mehr Gegner als Partner – eine Arbeitsgemeinschaft unter Führung des Baukonzerns bilden. Hochtief als nunmehr alleiniger Vertragspartner der Stadt übernimmt sämtliche Risiken und garantiert der Stadt, das Konzerthaus bis Mitte 2016 fertig zu stellen – zum Preis von 575 Millionen Euro, knapp 200 Millionen mehr als bislang. Die Stadt zieht sich weitestgehend aus dem Projekt zurück. Die neuen Strukturen werden seit Anfang des Jahres bereits sukzessive umgesetzt – nach Aussage von Hochtief mit Erfolg. „Wir werden schon bald einen Baufortschritt sehen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Allerdings steht das Vorgehen unter dem Vorbehalt, dass die Bürgerschaft zustimmt.