Das Zeitschriftenhaus baut nicht nur seinen Vorstand um, es verändert auch radikal seine organisatorische Struktur. Julia Jäkel ist jetzt alleinige Vorsitzende

Hamburg. Viel unglücklicher hätte es für den Aufsichtsrat des Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr („Stern“, „Geo“) nicht laufen können. Um 17 Uhr trat er am Mittwoch im Verlagshaus am Baumwall zusammen, um einen weitreichenden Umbau des Vorstands zu beschließen. Aber bereits anderthalb Stunden vorher berichtete das „Manager Magazin“, was zu diesem Zeitpunkt offiziell noch gar nicht entschieden war.

Die G+J-Vorstände Torsten-Jörn Klein (Ausland) und Achim Twardy (Finanzen) werden das Gremium verlassen. Ihre Ressorts wird es in der bisherigen Form nicht mehr geben. Neu im Vorstand sind Oliver Radtke, der bisherige Chef der G+J-Tochter Dresdner Druck- und Verlagshaus, der den neuen Vorstandsbereich Operations verantworten wird. Stephan Schäfer, bisher Chefredakteur der „Brigitte“ und Geschäftsführer der Verlagsgruppe Life, leitet das ebenfalls neu geschaffene Vorstandsressort Produkte. Julia Jäkel, die bislang eines von drei gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern war, wird Vorstandsvorsitzende.

Dieses Vorstandsrevirement ist mehr als nur ein Austausch von Führungskräften. Die Struktur von Gruner + Jahr wird sich grundlegend verändern. Das wird am bisherigen Vorstandsressort Ausland besonders deutlich: Für das europäische Auslandsgeschäft ist nun der G+J-Frankreich-Statthalter Rolf Heinz verantwortlich. Er berichtet direkt an Jäkel und darf sich fortan auch Leiter G+J International Europe nennen. Für das Geschäft in den Wachstumsregionen China und Indien ist Operations-Vorstand Radtke zuständig, während Produkte-Vorstand Schäfer auch ein Blick auf das internationale Portfolio haben soll.

Unterhalb des Vorstands entsteht eine neue zweite Führungsebene. Ihr gehören neben Heinz, der bereits 2012 von Jäkel zum Digital- und Vermarktungschef berufene Stan Sugarman sowie der neue Finanzchef Udo Stalleicken an. Zusammen mit den Vorständen bilden die Mitglieder der zweiten Führungsebene das ebenfalls neu geschaffene Executive Committee, gewissermaßen ein erweiterter Vorstand.

G+J-Aufsichtsratschef Thomas Rabe, der zugleich Vorstandsvorsitzender der G+J-Mutter Bertelsmann ist, begründet den Umbau mit der Transformation des Hauses „zu einem auch digital führenden Medienunternehmen“. Dass dieser Umbau ohne weitere Sparprogramme nicht zu machen sein wird, ist kein Geheimnis. Konkrete Vorhaben sind derzeit zwar nicht bekannt, aber die neue Vorstandsvorsitzende Jäkel sagt bei jeder sich bietenden Gelegenheit, ihr Haus müsse effizienter werden. Das Geschäftsjahr 2012 schloss Gruner + Jahr mit einem Verlust von elf Millionen Euro ab.

Sparpotenzial könnte eine Neuordnung der beiden Verlagsgruppen Agenda („Stern, „Geo“) und Life („Brigitte“, „Schöner Wohnen“, „Essen & Trinken“) bergen, die nun nicht mehr ausgeschlossen wird. Zudem gibt es offenbar Pläne, die bisher sehr dezentral organisierten G+J-Kommunikationsabteilungen zu bündeln.

Viel verspricht man sich von dem neuen Vorstandsbereich Produkte. Ihn will der Verlag ausdrücklich nicht als rein journalistisches Ressort verstanden wissen. Erst kürzlich hatte Jäkel verkündet, die Online-Portale der G+J-Marken zu sogenannten Communities of Interest ausbauen zu wollen. In diesen Communities sollen diverse Produkte verkauft werden – Usern von Chefkoch.de beispielsweise Bratpfannen oder Gewürze.

Es macht Sinn, dass dieser Bereich Schäfer übertragen wurde, der vor noch nicht einmal vier Jahren bei G+J als Chefredakteur von „Schöner Wohnen“ anfing und dessen steiler Aufstieg manchem im Haus unheimlich ist. „Gibt man Schäfer eine Zeitschrift, macht er einen Katalog daraus“, sagt ein leitender Redakteur des Hauses. Als neues Vorstandsmitglied wird Schäfer seine Posten als Chefredakteur und Herausgeber aufgeben. Er bleibt jedoch Geschäftsführer der Verlagsgruppe Life.