Lehrende aus unterschiedlichen Fachbereichen der Universität Hamburg bieten am 4. Mai einen „Tag des Wissens“ an. Kirchentag hat erstmals auch eine Oper in Auftrag gegeben.

Hamburg. Der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag veranstaltet gemeinsam mit der Universität Hamburg am 4. Mai (ab 11 Uhr) einen „Tag des Wissens“. Uni-Lehrende aus unterschiedlichen Fachbereichen bieten Veranstaltungen zur Kirchentagslosung „Soviel du brauchst“ an, teilte der Kirchentag mit. So werden Soziologen und Kulturwissenschaftler über Grundbedürfnisse des Menschen, Medienwissenschaftler und Datenschützer über die Privatsphäre diskutieren.

Weitere Themen sind „Religionen in Hamburg“, „Religiöse Vielfalt und Migration“ sowie „Staatsverträge mit den religiösen Gemeinschaften“.

Oper über Dietrich Bonhoeffer

Erstmals hat ein Kirchentag eine Oper in Auftrag gegeben. „Vom Ende der Unschuld“ erzählt das Leben und Denken des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer als Parabel.

Sanfte Klaviermusik erklingt in der ehemaligen Bugenhagenkirche im Hamburger Stadtteil Barmbek. Langsam falten die rund 50 Chormitglieder, die im Halbkreis sitzen, die Decken auf ihrem Schoß auseinander und ziehen sie über den Kopf. „Halt, stopp, etwas langsamer und nicht hin- und herwuseln“, unterbricht Regisseurin Kirsten Harms. Dann beginnt der Chor zu singen und es tönt durch den Kirchenraum: „Herr, wir rufen zu Dir, komm und eile zu uns, wir warten auf Dich! Wo ist unser Gott? Verstoß uns nicht! Zeig dein Gesicht!“

Seit drei Wochen proben hier neun Solisten und der Chor der Kantorei St. Nikolai für die Oper „Vom Ende der Unschuld“ über den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Sie wird am 2. Mai auf dem 34. Evangelischen Kirchentag in Hamburg uraufgeführt. „Es geht darum, Zeitgeschehen so auf das Theater zu bringen, dass es eine Bedeutung erhält. Es geht darum, Zeitgeschehen zu verdichten“, erläutert Harms das Konzept.

Deshalb hätten sich die Librettisten Theresita Colloredo und David Gravenhorst auch dazu entschieden, das Leben Bonhoeffers, der Widerstand gegen die Nationalsozialisten leistete und deshalb am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet wurde, nicht nachzuerzählen, sondern als Parabel auf die Bühne zu bringen. „Mit der Geschichte, die wir erzählen, spielen wir durch, was Bonhoeffers Haltung gegenüber dem Zeitgeschehen war und was eine solche Haltung heute bedeuten würde“, sagt Harms, ehemals Intendantin der Deutschen Oper Berlin.

Erzählt wird die allgemeingültige Parabel von zwei ungleichen Geschwistern Germa und Heman, denen ein vermeintlicher Heilsbringer verkündet, er wolle sie aus Armut und Schwachheit erretten. Freudig lassen sich Germa und die anderen Gutsbewohner auf den neuen Anführer ein. Nur ihr Bruder, der unverkennbar Züge Bonhoeffers trägt, erkennt die Willkür und Zerstörungswut des Machthabers Drako und widersetzt sich mutig. „Es war unser zentrales Bedürfnis, das Wesen Dietrich Bonhoeffers als einem frühen und mutigen Zeugen unrechten Geschehens aufzuspüren und nicht dem Menschen ein Denkmal zu setzen“, erläutern die beiden Librettisten.

Holocaust und Weltkrieg seien damals die Themen gewesen. Globalisierung und Weltgerechtigkeit seien heute Thema. „Auch da gibt es Ungerechtigkeit von unvorstellbarem Ausmaß. Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung gab es nicht nur damals“, sagt Harms. Bonhoeffer beeindrucke sie, weil er sich bereits 1933 angesichts der „Judenfrage“ gegen das Regime gestellt hat. „Er hat Bewusstseinsentscheidungen getroffen, die gekennzeichnet waren durch Solidarität, Liebe und Empathie“, meint die 56-Jährige.

Noch nie in der Geschichte des Kirchentages wurde ein künstlerisch so aufwendiges Werk inszeniert. „Dietrich Bonhoeffer hat aus dem Glauben heraus in einer schweren und falschen Zeit Richtiges getan. Er ist ein Mensch, an dem man sich ein Beispiel nehmen kann“, sagt Kirchentagspräsident Gerhard Robbers, von dem die Idee stammt. Komponiert wurde „Vom Ende der Unschuld“ von Stephan Peiffer, Absolvent der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. „Er ist ein junger Meister. Sehr begabt, einfallsreich und zum Glück überaus schnell“, schwärmt Harms. Sie habe nämlich auch schon erlebt, dass eine Komposition sich über Jahre hinzieht und nicht fertig wird

Der Kirchentag wird vom 1. bis 5. Mai 2013 in Hamburg gefeiert.