Grüne und Linkspartei fordern vom Hamburger Senat Rechenschaft. Rechnungshof: Der Stadtverwaltung mangelt es an Baukompetenz.
Hamburg. Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft kritisiert die deutlich steigenden Kosten für die Sanierung des Alten Elbtunnels. Grüne und Linkspartei fordern vom Senat wie auch von der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) Rechenschaft. Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Instandsetzung der beiden Tunnelröhren in dem 1911 eingeweihten Bauwerk insgesamt rund 62 Millionen Euro kosten dürfte.
Bislang hatte die HPA 15 bis 17 Millionen Euro zugrunde gelegt. "Die Vervierfachung der Kosten für den Alten Elbtunnel ist dramatisch. Das ist ein klarer Fall für die Bürgerschaft und für den Rechnungshof", sagte Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft. "Der Senat und die HPA werden erklären müssen, wie es zu diesen Fehlplanungen gekommen ist."
Der neue Fall bestätigt auch die Kritik des Rechnungshofs Hamburg an zurückliegenden Fehlplanungen. Der Rechnungshof prangert jedes Jahr aufs Neue die ausufernden Kosten bei öffentlichen Vorhaben an und hatte 2010 dazu einen Sonderbericht "Kostenstabiles Bauen" vorgelegt. In seinem am gestrigen Montag vorgestellten Jahresbericht (siehe unten) registrierte er erfreut, dass der aktuelle SPD-Senat seine Vorschläge aufgreife. Dennoch gebe es noch viele Mängel, zum Beispiel beim 40 Millionen Euro teuren Neubau der Kinderklinik am UKE. "Der Bürgerschaft wurden Gesamtkosten mitgeteilt, die mehr als drei Millionen Euro über dem nachgewiesenen Bettenbedarf lagen", sagte Rechnungshofpräsident Stefan Schulz. Spenden über fünf Millionen seien eingeplant, aber nicht gesichert.
Ein kleineres Beispiel: Das Biozentrum Klein Flottbek sei 160.000 Euro teurer geworden, weil die Leistungsbeschreibung nicht eindeutig war. Als ein generelles Problem führte der Rechnungshof an, dass die Stadt kaum noch Architekten und Ingenieure beschäftige. Es müsse aber sichergestellt sein, so Schulz, "dass die Stadt auf Dauer eigenes Fachwissen in der Bauverwaltung vorhält, damit die von Privaten erbrachten Leistungen fachkundig gesteuert und kontrolliert werden können". Der Rechnungshof forderte den Senat auf, für eine "angemessene Personalausstattung" zu sorgen. Der Fall des Alten Elbtunnels werfe die Frage auf, wie es um das Ingenieurwissen und um andere wichtige Hafenprojekte der HPA bestellt sei, sagte am Montag Norbert Hackbusch, der haushalts- und hafenpolitische Sprecher der Linkspartei in der Bürgerschaft: "Das Este-Sperrwerk wurde teurer und ist immer noch nicht richtig fertig, die Rethe-Brücke wird sehr viel später fertig, und es gibt hohe Nachforderungen von Hochtief. Auch die Ernst-August-Schleuse in Wilhelmsburg wurde um etliches teurer als geplant." Anjes Tjarks sagte: "Auch die HPA braucht einen Plan für kostenstabiles Bauen. Sie plant allein im Jahr 2013 rund 250 Millionen Euro in den Hamburger Hafen zu investieren. Hier können wir uns keine Vervierfachung leisten. Alle HPA-Projekte müssen jetzt auf den Prüfstand. Ich erwarte vom Wirtschaftssenator, dass er den Wirtschaftsausschuss umgehend informiert." Die HPA verteidigte die steigenden Kosten für die Sanierung der Röhren am Alten Elbtunnel. Das Hamburger Unternehmen HC Hagemann saniert das Bauwerk in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Bauunternehmen Züblin. "Wir sehen erst jetzt, nach der Entkernung der östlichen Tunnelröhre, dass der Sanierungsbedarf deutlich größer ist als angenommen", sagte HPA-Sprecher Alexander Schwertner.
Bleifugen in einer Länge von 15 Kilometern anstatt der zunächst erwarteten fünf Kilometer müssten ausgebessert werden. Zudem wolle die HPA im Zuge der Arbeiten auch gleich die maroden Fahrbahnen in den beiden Tunnelröhren erneuern lassen. "Es ist besser, jetzt an einer Gesamtlösung für den Tunnel zu arbeiten, auch, wenn das teurer wird als zunächst erwartet und länger dauert", sagte Schwertner. Die HPA will nach der östlichen auch die westliche Tunnelröhre sanieren. Im Jahr 2019 soll das Bauwerk komplett instand gesetzt sein. Die Sanierung des Hamburger Baudenkmals läuft in verschiedenen Etappen ober- und unterhalb der Elbe bereits seit 1994.
In den kommenden Jahren stehen bei der HPA weitere große Sanierungs- und Ausbauprojekte im Hafen an. Die Kattwyk-Hubbrücke soll erneuert, das Eurogate-Containerterminal im Waltershofer Hafen nach Westen hin erweitert werden. Die Kosten für diese Bauvorhaben sind nicht klar. Für beide Projekte erwartet die Hafenverwaltung die Vorlage der Planfeststellung.