Tennis auf Rasen könnte dem Turnier eine Perspektive geben

Traditionen haben in Zeiten globaler Veränderungen kaum mehr als nostalgischen Wert. Das mag man bedauern, doch nach wie vor gilt die gobartschowsche Erkenntnis, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Das Tennisturnier am Rothenbaum ist so ein Fall. Mehr als ein Jahrhundert lang war es die bedeutendste Veranstaltung des weißen Sports in Deutschland, ein Turnier mit internationalem Rang und Ansehen. Die besten Spieler der Welt gaben sich zwischen Hansa- und Hallerstraße die Schläger in die Hand. Das ist seit fünf Jahren vorbei, als die Herren-Spielerorganisation ATP dem Rothenbaum den Premium-Status nahm, weil es anderswo, in Asien und Arabien, mehr Geld zu verdienen gab. Seitdem versucht der ehemalige Wimbledonsieger Michael Stich das Event am Leben zu erhalten. Das ist ihm mit vielen interessanten Ideen auch gelungen. Dafür gebührt ihm Dank und Annerkennung.

Bei allem Einsatz hat er der Traditionsveranstaltung jedoch keine Perspektive geben können. Schuld sind die Umstände: ein Termin in den Schulferien und mit Sand ein Spielbelag, der Ende Juli nicht in die Kalender der Profis passt, weil deren Vorbereitungen auf die Hartplatzsaison in den USA laufen. Die Folge: Die Zuschauerzahlen haben sich gegenüber den Glanzzeiten beinahe halbiert, und diejenigen, die im Tenniszirkus Spitzenränge und Namen haben, schlagen jetzt einen Bogen um Hamburg.

Die Idee des Deutschen Tennis Bundes (DTB), künftig in Hamburg im Juni und dann auf Rasen spielen zu lassen, hat daher ihren Charme. Eine Chance ist sie allemal. Der Rothenbaum würde als Vorbereitungsturnier auf Wimbledon neue mediale Aufmerksamkeit generieren und sicherlich attraktivere Spieler als zuletzt in die Stadt locken. Urbritischer Sport passt zudem perfekt nach Hamburg, der wohl anglophilsten Stadt des Kontinents. Es waren im 19. Jahrhundert englische Kaufleute, die an Elbe und Alster für die hiesigen Einwohner bis dahin unbekannte Sportarten etablierten. Tennis war eine von ihnen. Auch deswegen scheint die Stadt bereit, die Pläne des DTB zu unterstützen. Für das Sandplatzturnier am Rothenbaum gab sie zuletzt keinen Cent mehr.