Wir zeigen in unserer Serie die besten Motive der Abendblatt-Fotografen von Hamburg und ihren Menschen. Heute: Klaus Bodig.
Ein Fotograf muss wissen, was in der Welt los ist. Er muss sich für Menschen interessieren, für Technik, Wirtschaft, Politik. Nur dann kann er seinen Job gut machen.
Ich bin Fotograf geworden, weil ich 1972 in Kiel Passbilder brauchte. Ich ging in ein Fotostudio, der Fotograf bat mich, noch ein wenig zu warten, weil er noch einen anderen Kunden fotografieren musste. Und so beobachtete ich ihn, wie er mit der Kamera hantierte, den Film einlegte, abdrückte. Das faszinierte mich. Damals war ich 15 Jahre alt.
Nach einer Ausbildung zum Fotokaufmann fing ich in den 80er-Jahren als Fotograf beim Verlag Axel Springer an. Zunächst in Berlin, in der geteilten Stadt. Jeden Tag habe ich die Mauer gesehen. Ich konnte mich mit ihr nicht einfach abfinden. 1984 habe ich beim Abendblatt angefangen, immer wieder bin ich nach Berlin zurückgekehrt. Dass ich später, am 3. Oktober 1990, am Tag der Wiedervereinigung in Berlin sein konnte, war für mich eine Erfüllung. Die Menschen feierten auf den Straßen, Fahnen wurden geschwenkt. Ich bin sehr glücklich, dass ich an diesem historischen Tag dabei war.
Ich möchte den Menschen durch meine Fotos die Welt zeigen. So, wie die Welt ist. Ich bin der Transporteur von Nachrichten, nur habe ich keine Buchstaben zur Verfügung, sondern manchmal nur ein einziges Bild. Manche dieser Bilder haben sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt. Da ist das Haus einer Familie im Kosovo, die von den Serben vertrieben worden war. Eine Herde Kühe streunte um das völlig zerstörte Gebäude. Ich habe bei dieser Reise im Jahr 1999 zum ersten Mal in meinem Leben traumatisierte Menschen auf der Flucht gesehen. Viele von ihnen hatten alles, was sie besaßen, auf Pferdekutschen gepackt. Manchmal habe ich gezögert, Fotos von ihnen zu machen. Ich möchte Menschen nicht bloßstellen, sie nicht verletzen. Und deshalb habe ich manches Foto auch nicht gemacht.
Noch so ein Bild: Henning Voscherau, dessen SPD bei der Bürgerschaftswahl 1997 große Verluste hinnehmen musste, tritt zurück und räumt sein Büro. Es war ein bewegender Moment, als er sich bei den Journalisten verabschiedete, ihm kamen die Tränen. Ich habe ihn fotografiert, als er seinen Schreibtischstuhl aus dem Rathaus schob. Den hatte er beim Amtsantritt mitgebracht.
Prinzessin Diana in Deutschland, der Dalai Lama in Hamburg - ich war dabei. Doch häufig waren es die Geschichten von ganz normalen Menschen, die mich bewegt haben. Die beiden Krabbenfischer aus Husum zum Beispiel, die schon längst nicht mehr zur See fuhren. Sie erzählten über die guten Zeiten, als der Fang noch gute Preise erzielte. Ihren Kutter hatten sie als Modellschiff nachgebaut.
Ein gutes Foto braucht Zeit. Zum Beispiel das Bild aus Wohldorf. Ich ging dort spazieren und hatte meine Kamera dabei. Durch die Bäume sah ich die alte Kupfermühle und den Teich davor. Da es windstill war, ergab sich ein genaues Spiegelbild im Wasser. Ein Motiv entsteht nicht von jetzt auf gleich. Ein Fotograf muss sich an es herantasten.
Die weiteren Teile der Serie erscheinen in loser Reihenfolge