Der Streit ums Betreuungsgeld ist völlig ausgeufert
Jetzt ist es also geschafft. Das Betreuungsgeld, verhasst bei den einen, gewünscht von den anderen, ist beschlossen. Man kann wie bei jedem politischen Vorhaben natürlich weiter darüber streiten, ob die milliardenschwere Ausgabe in Zeiten knapper Kassen sinnvoll ist. Den ideologischen Teil der Diskussion, bis ins letzte Detail erbittert geführt, sollte man aber zu den Akten legen.
Denn die Debatte ist völlig aus dem Ruder gelaufen: Aus der Frage, ob man das Betreuungsgeld zahlt oder nicht, wurde die Frage, welches Erziehungsmodell das bessere ist. Sowohl Regierung als auch Opposition haben zwar weit von sich gewiesen, hier eine Bewertung vornehmen zu wollen, haben mit ihrer Rhetorik aber genau zu dieser Lesart beigetragen. Durch das Wort "Herdprämie" fühlten sich zu Recht jene angegriffen, die sich aus ganz persönlichen Gründen dafür entschieden zu haben, ihre Kinder zu Hause zu erziehen. Gleichzeitig wollten sich aber auch jene Eltern nicht ihre Erziehungskompetenz absprechen lassen, deren Kinder in einer Kita betreut werden.
Beide Reaktionen sind verständlich. Politik hat sich aus dem Privatleben der Bürger herauszuhalten, auch wenn sie durch sozialpolitische Maßnahmen - etwa das Ehegattensplitting - ganz automatisch bestimmte Lebensweisen fördert. Die hohen Wellen der Betreuungsgelddebatte müssen für die Zukunft eine Lehre sein, jene Themen deutlich sensibler anzugehen, bei denen es um ureigenste Wertvorstellungen des Einzelnen geht.
Zugleich sollte uns das Gezerre ums Betreuungsgeld aber auch zu mehr Toleranz mahnen. Ideologisch motivierte Abschätzigkeiten wie "Heimchen am Herd" oder "Rabenmutter", die immer wieder genannt werden, um Lebensmodelle insbesondere von Frauen zu diffamieren, haben in einer aufgeklärten Gesellschaft nichts zu suchen, in der jeder Mensch in Würde und Selbstbestimmtheit sein Leben führen darf. So wenig die Politik auf das Privatleben Einfluss nehmen darf, so wenig sollten es vermeintliche moralische Standards tun. Es ist so simpel wie wahr: Was am Ende für die Kinder zählt, ist vor allem die Liebe ihrer Eltern.