Der Baustopp für die geplante Elbvertiefung sorgt bei der Hafenwirtschaft für großen Unmut. Rund 1000 Beschäftigte gingen auf die Straße.
Hamburg. Sie sind wütend. Wütend auf Umweltverbände, wütend auf das Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Und sie haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Heute machen Hamburgs Hafenarbeiter ihrem Ärger Luft und protestieren für die geplante Elbvertiefung. Die Gewerkschaft Verdi hat am Freitag unter dem Motto „Es ist fünf vor zwölf“ die Hamburger Hafenarbeiter zu einer Demonstration für die Elbvertiefung und für die Arbeitsplätze im Hafen aufgerufen. Zur Stunde stehen die Hafenarbeiter in ihren orangen und gelben Overalls auf dem Rathausmarkt. Lautstark schallt ihr Protest durch die Innenstadt. Kritik geht vor allem in Richtung der Umweltverbände, die den Baustopp vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig erwirkt hatten.
Die weisen die Kritik zurück. Die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF betonten heute, als Anwälte der Natur würden sie die Sorge der Menschen um ihre Zukunft und die Entwicklung des Hamburger Hafens ernstnehmen. „Sichere Arbeitsplätze sind natürlich auch aus unserer Sicht wichtig“, bekräftigt Beatrice Claus vom WWF. „Daher wollen wir, dass Hamburg für eine umweltverträgliche Hafenentwicklung auf seine Trümpfe wie kostensparende Binnenlage, günstige Lage für den Nord- und Osteuropäischen Raum, gute Abfertigungsqualität und Verbrauchernähe setzt, um seine Zukunftsfähigkeit zu erhalten.“
In mehr arbeitsteiliger Zusammenarbeit der Häfen liegt nach Ansicht des Aktionsbündnisses Lebendige Tideelbe die Chance auf eine gesunde, zukunftsfähige Hafenentwicklung, die auch der Natur Raum lässt. „Wer jetzt versucht, Naturschutz und Wirtschaft gegeneinander auszuspielen, fällt in überholtes Lagerdenken zurück, das nur neue Blockaden produziert.“, sagt Alexander Porschke vom Nabu. Die Umweltverbände haben bereits Möglichkeiten aufgezeigt, die legitimen wirtschaftlichen Interessen im Hafen und an der Elbe gemeinsam mit den ebenso legitimen Interessen von Natur- und Artenschutz zu verfolgen. Allerdings seien die Alternativen seitens des Hamburger Senats nicht ernsthaft geprüft worden. „Der Senat hat Umwelt- und Naturschutzbelange erst ignoriert und dann versucht zu bagatellisieren, und damit auch ein mögliches langwieriges juristisches Verfahren in Kauf genommen, aus dem nun Unsicherheit und Sorge bei im Hafen Beschäftigten entspringen“, fasst Manfred Braasch vom BUND zusammen.
Nach Angaben der Polizei schlossen sich zunächst rund 1000 Menschen dem Protestzug an. Die Gewerkschaft Verdi sprach von 500 Teilnehmern. Die Demonstration begann um 11.55 Uhr in der Hafencity und führte zum Rathausmarkt, wo um 13.30 Uhr eine Kundgebung geplant ist. Die Teilnehmer machten sich mit Trillerpfeifen bemerkbar und zeigten Transparente mit Aufschriften wie „Ohne Fahrrinnenanpassung verlieren wir unseren Job“ oder „Hamburg lebt vom Hafen“. Aggressive Plakate gegen Umweltverbände oder polemisierende Sprüche blieben aus. Unter den Demonstranten waren sowohl Auszubildende als auch ältere Mitarbeiter. Und die wollten mit ihren Sorgen und Zukunftsängsten wahrgenommen werden, sagte der ver.di-Fachbereichsleiter Torsten Ballhause. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) beteiligte sich an der Demonstration und verwies auf die Wasserschutzpolizei. Wenn weniger Schiffe den Hafen anliefen, sei auch weniger Wasserschutzpolizei nötig, sagte Hamburgs GdP-Landesvorsitzender Gerhard Kirsch und betonte: „Wir sitzen mit den Hafenarbeitern in einem Boot.“
Unterstützt wird die Demonstration von den Parteien SPD, CDU und FDP sowie vom Unternehmensverband Hafen Hamburg. Sie halten die Elbvertiefung für notwendig, damit auch künftig die größten Containerschiffe den Hamburger Hafen erreichen können. In der Hansestadt sind rund 133.000 Arbeitsplätze vom Hafen abhängig, in der Metropolregion 155.000 (Stand 2010). Das entspricht 11,8 Prozent der Erwerbstätigen. Jeder achte Hamburger Arbeitsplatz geht somit auf Aktivitäten rund um den Hafen zurück.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Elbvertiefung vorläufig gestoppt, nachdem die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF gegen das 400 Millionen Euro Projekt geklagt hatten. Das Gericht will sich angesichts der komplizierten Materie Zeit nehmen und im Hauptsacheverfahren entscheiden. Damit verschiebt sich der Beginn der Bauarbeiten vermutlich bis ins Jahr 2014. Ursprünglich sollten die Bagger bereits in diesem Jahr anrücken. Die Umweltverbände befürchten Nachteile für Natur und Umwelt, Obstbau, Tourismus und Deichsicherheit.