Rettungsplan des Schweizer Hoteliers Schlatter ist gescheitert. Vermieter machte nicht mit. Alternative an Langer Reihe gesucht.
St. Georg. Die Rettung der Buchhandlung Wohlers an der Langen Reihe ist nun doch noch gescheitert. Weil Details des Plans vor zwei Wochen an die Öffentlichkeit gelangten, ist Vermieter Frank Jendrusch von einem bereits mündlich geschlossenen und von der anderen Seite unterzeichneten Vertrag zurückgetreten. Der von Jendrusch eingeschaltete Makler Torsten Lefin machte den Einwohnerverein für das Scheitern verantwortlich. Der habe mit seiner verfrühten Pressemitteilung "eine Lawine ins Rollen gebracht", die "die Einzelheiten aus dem Vertrag an die Öffentlichkeit dringen ließ". Jendrusch hingegen attackierte den potenziellen Retter, den Schweizer Hotelier Felix Schlatter, frühzeitig an die Presse getreten zu sein. Schlatter wollte in den Mietvertrag einsteigen und die Räume an Buchhändler Jürgen Wohlers untervermieten. Mit dem Scheitern der einmaligen Rettungsaktion dürfte der umstrittene Vermieter endgültig zum Feindbild in St. Georg werden. Schon dass er die Monatsmiete für die Traditionsbuchhandlung von 1400 auf 4200 Euro anhob, hatte Empörung ausgelöst. Hunderte Anwohner hatten an der Langen Reihe und vor Jendruschs Büro am Hansaplatz gegen die Gentrifizierung im Stadtteil demonstriert.
Vor zwei Wochen dann zunächst eine gute Nachricht. Der Einwohnerverein gab bekannt, der Mietvertrag für die Buchhandlung sei für weitere fünf Jahre unterzeichnet worden. Am nächsten Tag kamen weitere Einzelheiten über den geplanten Vertrag zwischen Jendrusch und Felix Schlatter heraus, der neben einem Hotel in St. Moritz auch das Wedina an der Gurlittstraße betreibt. Es hieß unter anderem, Jendrusch sei von seiner Mietforderung abgerückt und werde Schlatter den Laden für 1000 Euro weniger vermieten - was in St. Georg positiv überrascht aufgenommen wurde.
Sein Engagement begründete Schlatter, der im Stadtteil schon als "weißer Ritter" gefeiert wurde, mit seiner Liebe zur Literatur. "Wohlers ist ein wichtiger Anlaufpunkt an der Langen Reihe, auch für meine Gäste", sagt er. "Ich wollte, dass der Laden erhalten bleibt." Sein Hotel Wedina ist nicht nur bei Touristen beliebt, sondern auch bei Autoren, Regisseuren und Schauspielern. Mit den Schriftstellern, die im Literaturhaus Lesungen halten, hat Schlatter ein Abkommen: Sie müssen für die Übernachtung in seinem aus vier Häusern bestehenden Hotel nichts zahlen - nur ihr aktuelles Buch hinterlassen, mit Widmung natürlich. Eine ganze Bibliothek hat Schlatter so schon zusammengetragen: Jonathan Franzen ist dort vertreten, Jeffrey Eugenides, Martin Walser und Henning Mankell.
Um die Buchhandlung doch noch retten zu können, hat Schlatter viel ausgehalten. Ihm wurde von Jendrusch unterstellt, sich trotz anderslautender Vereinbarungen an die Presse gewandt zu haben. "Was definitiv nicht stimmt", betont Schlatter. Er verhandelte mehrmals mit Jendruschs Makler Torsten Lefin. Als dieser ihm Kompromissbereitschaft signalisierte, erhöhte Schlatter sein Mietgebot um zehn Prozent - stellte Jendrusch jedoch ein Ultimatum. "Bis zum Mittag des 6. November wollte ich einen von ihm unterzeichneten Vertrag vorliegen haben", sagt er. Jendrusch ließ den Termin verstreichen, ohne sich zu melden. Nachdem Schlatter weitere 24 Stunden auf eine Nachricht gewartet hatte, gab er jetzt auf: "Mir scheint, als hatte Jendrusch nie ernste Absichten, Wohlers zu erhalten", sagt er. Das Verhalten des Vermieters kann er nicht nachvollziehen. Doch er möchte sich weiter für den Erhalt der Traditionsbuchhandlung einsetzen. "Ich hoffe sehr, dass wir eine Alternative an der Langen Reihe finden", sagt er.
Das hofft auch Jürgen Wohlers. Für ihn bedeutet das Scheitern des Vertrags das endgültige Aus seiner Buchhandlung am Standort Lange Reihe 68 - Ende des Jahres wird er ausziehen müssen. "Es wäre eine märchenhafte Lösung gewesen", sagt er zu den gescheiterten Plänen. Die letzten Monate haben ihm ziemlich zugesetzt. "So ein Auf und Ab ist schwer zu ertragen."
Auch Michael Joho vom Einwohnerverein, der die Protestaktionen für den Erhalt der Buchhandlung initiiert hatte, ist enttäuscht. "Wohl kaum ein anderes Thema hat uns in St. Georg so bewegt wie das Schicksal der Buchhandlung Wohlers", sagt er. Ein zunächst für den 10. November anberaumtes Freuden-Fest wurde bereits abgesagt - zu unwahrscheinlich war die Rettung durch Schlatter geworden. "Wir verstehen Jendrusch nicht", sagt Joho. "Er hätte sein Image hier verbessern können." Nun steht sicher noch mindestens eine Protestaktion an.