Ein Jahr, nachdem die rechtsextreme Terrorgruppe aufflog, wurde in Hamburg dem ermordeten Süleyman T. gedacht. Groß-Demo am Sonnabend.

Hamburg. Mehrere Migrantenorganisationen haben am Freitag dem Hamburger NSU-Mordopfer, Süleyman Tasköprü, gedacht. Sie legten ihm zu Ehren am Tatort im Stadtteil Bahrenfeld Blumen nieder. Die Organisatoren nahmen die Behörden bei der Aufklärung in die Pflicht und appellierten zugleich an die Bürger. Es brauche die geballte Kraft der Gesellschaft, damit solche Taten nie wieder passierten, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Hamburg, Hüseyin Yilmaz.

Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) war vor einem Jahr am 4. November 2011 aufgeflogen. Am 27. Juni 2001 hatten die Terroristen Tasköprü in einem kleinen Bistro in der Hamburger Schützenstraße in Hamburg-Bahrenfeld von den ermordet. Insgesamt werden der Gruppe, die knapp 14 Jahren unerkannt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund agierte, zehn Morde zur Last gelegt.

Auch zwölf Monate nach dem plötzlichen Auffliegen der Gruppe stehen die staatlichen Institutionen weiterhin stark in der Kritik. Die Morde des NSU hätten keine neue messbare Sensibilität bei den Behörden ausgelöst, sagte der Geschäftsführer der Organisation Unternehmer ohne Grenzen, Kazim Abaci. Das Entsetzen über die Vorfälle habe sich gelegt. Das Vertrauen in die Institutionen tendiere gegen Null, sagte Abaci weiter.

Ähnlich äußerte sich die Anwältin der Angehörigen, Gül Pinar. „Wir haben kein Vertrauen in die Aufklärungsarbeit“, sagte sie. Wegen geschredderten Akten sei vor einigen Monaten Strafanzeige gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz erhoben worden. Bislang gebe es aber nicht einmal ein Aktenzeichen zu der Strafanzeige, sagte Pinar.

Der Vorsitzende vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Hamburg, Uwe Grund, rief die Bürger zu mehr Zivilcourage auf. „Wer wegsieht, macht sich mit schuldig“, sagte er. Die Morde hätten verhindert werden können. Verantwortliche müssten zur Verantwortung gezogen werden, forderte der 60-Jährige.

Den Migrantenorganisationen geht das nicht weit genug. Sie verlangen zudem verbessere Aufklärungsarbeit zu Rassismus in der Gesellschaft und innerhalb der Polizei sowie ein Verbot der NPD. Die frühere Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), unterstrich Forderungen nach einem erneuten Vorstoß gegen die rechtsextreme Partei. „Wann, wenn nicht jetzt“, sagte sie zu einem Verbotsverfahren.

Am Sonnabend (3. November) ist eine Demonstration in Hamburg geplant. Gegner von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit wollen bereits einen Tag vor dem bundesweiten Aktionstag auf dem Hansaplatz ab 12 Uhr protestieren. Die Veranstalter haben laut Polizei 1.000 Teilnehmer angemeldet. Für die Opfer des NSU ist in der Hansestadt ferner eine Gedenktafel geplant. Damit alleine sei es aber noch nicht getan, sagte Abaci.