Militäreinsatz in Mali darf nicht zum “Afrikanistan“ werden

Die Afrika-Reise des deutschen Außenministers hat durch die jüngste Entwicklung in Mali einen düsteren Hintergrund bekommen. Westerwelle agiert nicht als lächelndes Winkelement, sondern sondiert die Voraussetzungen für den möglichen Einsatz auch deutscher Soldaten in Mali - das inzwischen zu zwei Dritteln in der Hand radikalislamischer Rebellen ist. Unter Hinweis auf die Entwicklung am Hindukusch macht bereits das Wort "Afrikanistan" die Runde.

Vor einem Jahrzehnt wurde die Bundeswehr ohne zielführende Strategie und ohne geeignete Bewaffnung und Ausrüstung in einen Krieg geschickt. Für die Deutschen stellt sich jetzt die Frage, für welche nationalen Interessen ihre Soldaten im Mali-Konflikt eigentlich ihr Leben riskieren sollen. Diese Interessen liegen allenfalls darin, dass man eine mögliche terroristische Bedrohung für Europa ausschließen will. Das klingt standhaft, doch wie sehen die Eskalationsstufen aus, wenn es der von der Bundeswehr ausgebildeten malischen Armee und der Interventionstruppe der Afrikanischen Union nicht gelingen sollte, die Islamisten zurückzudrängen?

Und wie soll sich der Verteidigungsetat gestalten, wenn die Bundeswehr sich noch eine Auslandsmission aufhalst? Sie ist schon jetzt, gemessen an ihren Aufgaben, dramatisch unterfinanziert, personell ausgedünnt und ungenügend ausgestattet.

Eine weitere Station der Westerwelle-Reise - Nigeria - zeigt, wie sorgfältig über derartige Einsätze nachgedacht werden muss. Der Norden des Riesenlandes mit seinen mehr als 150 Millionen Einwohnern ist ebenfalls in der Hand radikalislamischer Bewegungen. Dort herrscht die grausame Scharia. Bei Pogromen nicht zuletzt an Christen und blutigen Gefechten sind bereits Zehntausende Menschen ums Leben gekommen. Soll hier ebenfalls interveniert werden?

Solidarisches Handeln der demokratischen Staatengemeinschaft zur Abwehr von Tyrannei ist begrüßenswert. Doch diesmal müssen Dauer, Ziele und Instrumente eines Militäreinsatzes im Vorfeld genau definiert werden. Deutschland mit seiner verzwergten Armee ist kein Weltpolizist.