Schweizer Banken: Wir helfen niemandem bei der Steuerhinterziehung - Walter-Borjans: Hinweise auf Verschiebungen “in großem Stil“ - Finanzministerium: Abkommen soll auch Umgehungen verhindern

Berlin/Zürich. Im anhaltenden Streit mit Deutschland wehren sich die Schweizer Banken gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Großbank UBS wiesen am Freitag Darstellungen zurück, sie würden deutschen Kunden helfen, Schwarzgeld vor dem Fiskus in Sicherheit zu bringen. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans sprach im ZDF von Hinweisen der Steuerfahndung, dass „in großem Stil“ darüber nachgedacht werde, wie deutsche Schwarzgelder bei Schweizer Banken „erhalten werden“ könnten. Das Bundesfinanzministerium argumentierte, das umstrittene Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz würde auch viele solcher Praktiken unterbinden.

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Der Bund kündigte zudem an, er werde sich, anders als in der Vergangenheit, nicht mehr am Kauf von Steuer-CDs mit Daten deutscher Steuerflüchtlinge in der Schweiz beteiligen. „Es ist doch eine Schnapsidee zu erwarten, dass sich der Bund an Zahlungen, die er rechtlich für fragwürdig hält, auch noch beteiligt“, sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter der „Financial Times Deutschland“ (FTD). In den Finanzministerien in Niedersachsen und Hessen hieß es auf Anfrage gleichfalls, man werde sich an anfallenden Kosten nicht mehr beteiligen. In den gleichfalls unionsregierten Bundesländern Sachsen und Bayern lautete die Auskunft, man sehe momentan keinen Entscheidungsbedarf, da noch keine Anfragen auf Mitfinanzierung der jüngsten CD-Ankäufe durch die nordrhein-westfälischen Behörden eingegangen seien.

Die „FTD“ berichtete unter Berufung auf den Ermittlern vorliegende Unterlagen von Hinweisen, wonach Schweizer Banken deutschen Steuerhinterziehern helfen, ihr Vermögen nach Fernost zu schleusen. „Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur“, zitierte die Zeitung einen Insider im Umkreis des Finanzministeriums in Düsseldorf. Walter-Borjans bestätigte das aber nicht.

Ein Sprecher der Schweizer Großbank UBS betonte: „Wir bieten nicht Hand zur Steuerhinterziehung.“ Man registriere auch keine erhöhten Geldströme aus der Schweiz nach Singapur. Eine Sprecherin der Schweizerischen Bankiervereinigung verwies auf ein „Gentlemen's Agreement“, nach dem die Institute des Landes keine Maßnahmen ergreifen, um das ausgehandelte Steuerabkommen zu umgehen. „Dazu gehört auch, dass die Banken den Kunden nicht aktiv helfen, ihr Geld in andere Länder zu verschieben“, sagte sie. Sie sei überzeugt, dass sich die Banken daran hielten.

Das Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass Personen, die ihr Schwarzgeld in Drittstaaten wie Singapur verschöben, auch nach Inkrafttreten des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens bei Entdeckung hohe Nachzahlungen und strafrechtliche Folgen riskierten. Zudem habe Deutschland mit vielen als Steueroasen geltenden Ländern Abkommen über einen steuerlichen Informationsaustausch. Mit Singapur liefen entsprechende Verhandlungen. Etliche Modelle zur Verschiebung von Schwarzgeld würden mit dem Abkommen illegal.

Die SPD, die dem deutsch-schweizerischen Steuerabkommen im Bundesrat zustimmen muss, sieht die gegenwärtige Vorlage kritisch. Der SPD-Politiker Walter-Borjans erläuterte im Deutschlandfunk Kriterien, die das Abkommen aus sein Sicht erfüllen müsste. „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die nachversteuern, nur einen Bruchteil dessen nachversteuern müssen, was der ehrliche Steuerzahler bezahlt hat.“ Ebenfalls nicht hinnehmbar sei, dass Steuerhinterzieher im laufenden Jahr noch mit Hilfe Schweizer Banken ihr Geld auf Konten in anderen Ländern oder in andere Anlageformen schleusen könnten. „Und was die Zukunft angeht: Es kann nicht sein, dass die, die künftig in die Schweiz ihr Geld bringen, sicher sein können, dass nicht mehr ermittelt werden kann.“

Das ausgehandelte Abkommen liege vor allem im Interesse der Schweizer Banken, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister. Die wollten die durch die CD-Ankäufe entstandene Unruhe bei deutschen Kunden dämpfen. Deutschland und die Schweiz hatten vor Monaten ein Steuerabkommen ausgehandelt, das 2013 in Kraft treten soll. Die Vereinbarung bedarf in Deutschland der Zustimmung des Bundesrates. Dort aber ist wegen der Bedenken von SPD- und Grünen-geführten Ländern bislang keine Mehrheit in Sicht. (rtr)