Mehr als 1000 Arbeitsplätze sollen beim viertgrößten Telekomanbieter wegfallen. Davon ist auch die Hamburger HanseNet betroffen.
Hamburg/München. Für die hübsche Werbeblonde Alice ist das Ende des Engagements schon beschlossen. Jetzt geht es an die Stellen der einfachen Mitarbeiter. Deutschlands viertgrößter Telekomanbieter O2 will laut "Financial Times Deutschland" mehr als 1000 seiner insgesamt 6700 Stellen streichen. Zu O2 gehört seit Ende 2009 auch das Hamburger Unternehmen HanseNet und dessen Marke Alice .
Morgen Vormittag werden die Mitarbeiter in der Münchner O2-Zentrale nach Abendblatt-Informationen Details über die bevorstehende Rationalisierung erfahren. Von elf bis zwölf Uhr ist eine Mitarbeiterversammlung geplant, die per Videokonferenz in alle Standorte übertragen werden soll, auch nach Hamburg. "Wir sind mitten im Integrationsprozess. In den nächsten Tagen werden wir die Mitarbeiter über die nächsten Schritte informieren", hieß es bei O2 lediglich.
Neben der Rationalisierung wird auch der Markenauftritt vereinheitlicht
Im November 2009 hatte Telecom Italia, der Mutterkonzern von HanseNet, das Unternehmen an die spanische Telefonica verkauft, zu der wiederum auch O2 gehört. Vorausgegangen war ein monatelanges Ringen um die Übernahme. Telefonica ist Großaktionär bei Telecom Italia. Mit dem Verkauf von HanseNet für 900 Millionen Euro reduzierten die Italiener ihre Schulden. Telefonica wiederum baute O2 mit Hansenet zu einem breiter aufgestellten Telekomanbieter aus. O2 war zuvor mit rund 15 Millionen Kunden in Deutschland auf den Mobilfunkmarkt spezialisiert. HanseNet brachte wiederum unter der Marke Alice neben rund 700.000 Mobilfunkkunden vor allem 2,4 Millionen Festnetzkunden mit schnellen DSL-Internetanschlüssen ein.
Bald wurde allerdings klar, dass der Übernahme eine umfassende Neustrukturierung folgen würde. "Durch den Kauf sollten auch Synergien erzielt werden", sagte der Strategieberater Frank Rothauge von der Berenberg Bank. "Wenn Vertrieb, Kundenbetreuung und IT-Themen zusammengelegt werden, werden auch Doppelfunktionen abgebaut. Das wird jetzt durch den Personalabbau umgesetzt."
Auch der Auftritt wird vereinheitlicht. Im Sommer gab O2 bekannt, dass die Marke Alice schrittweise in O2 übergeführt werde. Noch bis Anfang 2013 kann O2 über die Markenrechte verfügen, die der Telecom Italia gehören. In Hamburg hat das Unternehmen seine Präsenz mit der Übernahme des Sponsorings für die O2-Arena am Volkspark im Frühjahr bereits deutlich ausgebaut, der früheren Color-Line-Arena.
"Hamburg bleibt ein wichtiger Kundenservicestandort", sagte HanseNet-Sprecher Carsten Nillies. Auch die Gewerkschaft Ver.di in Hamburg geht davon aus, dass Hamburg vom Stellenabbau nicht so drastisch betroffen sein wird. In Hamburg sind derzeit rund 900 Mitarbeiter beschäftigt, in Rostock etwa 350. Insgesamt hat HanseNet in Deutschland noch 1762 Beschäftigte. Klar ist: Drei große Callcenter in Duisburg, Saarbrücken sowie in Teltow bei Berlin sollen bis zum Jahresende von einem strategischen Partner übernommen werden. "Dieser Partner soll aber weiter Aufgaben für O2 übernehmen", sagte O2-Sprecher Albert Fetsch dem Abendblatt. Nach dem Outsourcing der Standorte bleiben vier Kundenservicestandorte übrig. Das sind neben Hamburg und Rostock von HanseNet noch Bremen und Nürnberg von O2.
Die Rationalisierung bei O2 ist für den Telekomexperten Rothauge nachvollziehbar. Insgesamt sei der Markt für Telekommunikation sowohl bei den Beschäftigten als auch beim Umsatz seit Jahren rückläufig. "Nach der Liberalisierung des Marktes hatte die Telekom bereits ab 1997 die Zahl ihrer Mitarbeiter gesenkt. Zunächst wurde dies noch durch neue Stellen bei den Telekomwettbewerbern kompensiert. Diese Entwicklung ist aber seit etwa zwei Jahren beendet", sagte Rothauge. Das insgesamt rückläufige Telekommunikationsgeschäft lässt sich auch an den bundesweiten Umsätzen ablesen. Sie gingen von 68,8 Milliarden Euro 2005 auf noch 62 Milliarden Euro im vergangenen Jahr zurück. Die Unternehmen schreiben weiterhin schwarze Zahlen, müssen jetzt aber Kosten senken, um ihre Renditen zu stabilisieren.
Die Kunden haben seit 1997 von dem scharfen Wettbewerb in der Branche profitiert. Immerhin sind die Kosten für eine Minute Telefonieren seitdem um mehr als 90 Prozent gesunken. Die sinkenden Einnahmen führen jetzt zu Einsparungen und in der Konsequenz auch zu Personalabbau.
Für die Zukunft erscheint es allerdings schwer vorstellbar, dass die Preise in der Telekommunikation noch weiter sinken könnten. "Durch die Konzentration bei den Anbietern, die ja auch bereits bei der Übernahme von Debitel durch Freenet sichtbar wurde, werden die Preise künftig eher wieder ansteigen", sagte Rothauge.