Hamburg. Elf Monate lang hat das Tauziehen um HanseNet an den Nerven aller Beteiligten gezerrt. Seit gestern ist die Zeit der geheimen Verhandlungen, Spekulationen und Dementis endlich vorbei: Das Hamburger Telekommunikationsunternehmen, das unter der Marke Alice Festnetz, DSL und Mobilfunk anbietet, hat zukünftig einen neuen Eigentümer. Der Mutterkonzern Telecom Italia teilte mit, HanseNet werde für 900 Millionen Euro an den eigenen Hauptaktionär, die spanische Telefónica, verkauft. Bis zuletzt war nicht einmal sicher gewesen, ob Telecom Italia die deutsche Tochter nicht doch behalten würde.
Unter den 1300 Mitarbeitern von HanseNet in Hamburg machte sich zunächst Erleichterung breit. "Wir sind froh, dass das Gezerre endlich vorbei ist", hieß es in Unternehmenskreisen. Allerdings rechnen Branchenkenner damit, dass auf die insgesamt 2280 HanseNet-Beschäftigten in Deutschland Umstrukturierungen zukommen. "Ich gehe davon aus, dass die Arbeitsplätze in Hamburg reduziert werden", sagte Frank Rothauge, Analyst der Privatbank Sal. Oppenheim, dem Abendblatt. Der Grund: Der HanseNet-Käufer Telefónica ist bereits mit der Mobilfunktochter O2 in Deutschland vertreten, die in München sitzt. Mit 15 Millionen Kunden ist O2 der kleinste unter den vier Netzbetreibern hierzulande - das rasant wachsende Mobilfunkgeschäft der HanseNet-Marke Alice mit mittlerweile rund 700 000 Mobilfunkkunden könnte langfristig integriert werden. So begrüßte der deutsche O2-Chef René Schuster die Übernahme als "großen Schritt nach vorne".
Vorrangig wollen die Spanier aber im Kampf um den deutschen DSL-Markt Boden gutmachen: Mit rund 2,3 Millionen Breitbandkunden in Deutschland ist HanseNet der viertgrößte Anbieter hinter der Deutschen Telekom, United Internet und Vodafone. "Mit dem Verkauf von HanseNet haben wir jetzt die erwartete klare Strukturierung auf dem DSL-Markt", sagte Analyst Rothauge. Viele Experten erwarten, dass noch weitere Übernahmen lokaler Anbieter anstehen. Erst im Frühjahr hatte United Internet das DSL-Geschäft vom Konkurrenten Freenet übernommen.
Der HanseNet-Verkauf soll im ersten Quartal 2010 perfekt sein, sofern die Regulierungsbehörden zustimmen. Mit dem Erlös will Telecom Italia Schulden abbauen. Telefónica hält 42,3 Prozent an Telco, der Holding, die Telecom Italia kontrolliert.