Ausbau stockt. Bislang ist keine der 14 Velorouten in Hamburg komplett saniert. Lediglich Teilabschnitte wurden ausgebessert. GAL übt Kritik.
Hamburg. Der Senat hat sich von dem Ziel, bis 2015 alle 14 Velorouten komplett auszubauen, verabschiedet. In einer Senatsantwort auf eine Große Anfrage von Till Steffen, dem verkehrspolitischen Sprecher der GAL-Fraktion, heißt es, dass eine Erhöhung des Radverkehrsanteils von derzeit zwölf auf 18 Prozent angestrebt werde. Bis wann die Stadt dies aber erreichen will, sagt sie nicht. In der Antwort heißt es weiter: "Für die angestrebte Erhöhung setzt der Senat die Radverkehrsstrategie unabhängig von einem Zeitziel im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen weiter um."
Hätte sich der Senat an die bisherige Planung der Radverkehrsstrategie gehalten, hätten im vergangenen und in diesem Jahr jeweils drei Velorouten komplett fertiggestellt werden müssen. Bislang sind die Sanierungsarbeiten auf keiner einzigen Route beendet, sondern lediglich Teilabschnitte ausgebessert worden. Das Hamburger Netz der Velorouten ist 280 Kilometer lang. Es verbindet das Stadtzentrum mit den Stadtteilen. Auf diesen Strecken sollen Radfahrer zügig vorankommen. Das soll sowohl durch Baumaßnahmen geschehen. So werden etwa Radwege verbreitert und auf die Straße verlegt. Aber auch Ampelschaltungen sollen dafür sorgen, dass Radfahrer zügiger und komfortabler durch die Stadt kommen.
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2012 wurden laut Stadtentwicklungsbehörde Teilabschnitte zweier Velorouten fertiggestellt: Auf der Route 6 (City - Hohenfelde - Farmsen - Volksdorf) geht es nun auf dem Abschnitt zwischen Uferstraße bis S-Bahnhof Friedrichsberg zügiger voran. Gleiches gilt auf der Veloroute 11, der Umleitung um das Gelände der Internationalen Gartenschau (iga) in Wilhelmsburg. Ein wichtiger Abschnitt auf der Veloroute 4 von der City über Winterhude bis nach Langenhorn soll noch 2012 beendet werden. Auf der Bebelallee zwischen Deelböge und Hindenburgstraße wird ein 1,5 Kilometer langer Radweg auf die Straße verlegt. Durch den Hafen kommen Radfahrer schon seit 2011 besser durch, auch dort wurde ein Teilabschnitt der Route 11 fertiggestellt.
Verkehrsexperte Till Steffen kritisiert, dass ein Großteil der ursprünglich geplanten Baumaßnahmen nicht umgesetzt werde. "In der Radverkehrspolitik legt der Senat eine phlegmatische Haltung an den Tag." Steffens Aussage überrascht nicht, schließlich wurden viele der Maßnahmen noch unter Schwarz-Grün geplant. Verkehrsexperten sagen, dass bei dieser Planung unterschätzt wurde, welchen Aufwand sie hätten. Dennoch bleibt Steffen bei seiner Überzeugung. "Auch wenn ein Ziel ambitioniert sein mag, ist es noch lange nicht falsch." Es werde deutlich, dass der Senat jegliche Verantwortung für die Radverkehrspolitik ablehne.
Das Geld sei da, es fehle am Interesse, den Radwegeausbau mit dem hinreichenden Nachdruck zu betreiben. Und Steffen hat auch eine Vermutung, warum dies so ist. "Es ist bequemer, Konflikten um Straßenraum auszuweichen, als beharrlich für Radwege und eine Neuverteilung zu kämpfen." Vielmehr konzentriere sich die Regierung auf Themen wie Busbeschleunigung und Wohnungsbau. Letzteres wird auch durch Äußerungen aus den Bezirken deutlich. "Aufgrund anderer prioritärer Projekte, wie insbesondere der Wohnungsbaumaßnahme Jenfelder Au, sind personelle Ressourcen so weit gebunden, dass derzeit keine Planungen beziehungsweise Ausführungen zum Ausbau von Radwegen erfolgen können", sagt Ulrike Nowicki, Sprecherin des Bezirksamts Wandsbek.
Laut Wirtschaftsbehörde stehen pro Jahr rund zehn Millionen Euro für den Ausbau der Radwege in Hamburg zur Verfügung. Allerdings, so gibt Behördensprecherin Helma Krstanoski zu, werde diese Summe nicht komplett ausgegeben. Auch ein Indiz dafür, dass der Radwegeausbau nicht an erster Stelle in Hamburg steht. Das Geld fließe jedoch nicht wieder zurück in den Haushalt, versichert Krstanoski. "Das Geld wird für den Ausbau der Radwege ausgegeben." Unklar ist nur, wann.
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Für den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg stellt sich dagegen überhaupt nicht die Frage, ob die Stadt zu wenig Geld für den Ausbau in Radwege investiert. "Es ist ein veralteter Ansatz, Radwege zu bauen", sagt Hamburgs ADFC-Vizevorsitzender Dirk Lau. Stattdessen fordert er, Tempo 30 in ganz Hamburg einzuführen. "Dann können nämlich Radfahrer auf allen Straßen fahren." Wenn Hamburg das Geld allein in die Sanierung von Radwegen stecke, dann sei das Vergeudung. Dem Senat fehle der Mut, eine völlig andere Verkehrspolitik zu betreiben. Als gutes Beispiel nennt Lau Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen. In deren Innenstadt liege der Radverkehrsanteil nicht bei 18 Prozent. "Bis zu 45 Prozent der Wege werden dort mit dem Rad zurückgelegt."