Patienten können sich künftig im “Universitären Adipositaszentrum“ des Universitätsklinikums in Eppendorf behandeln lassen.

Hamburg-Eppendorf. Stark übergewichtige Menschen schleppen nicht nur viel Gewicht mit sich herum, sondern haben oft auch schwere Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. Solche Patienten können sich im „Universitären Adipositaszentrum“ des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) fachübergreifend behandeln lassen. „Adipositas-Kranke haben nicht zuletzt aufgrund ihrer schwerwiegenden Begleiterkrankungen eine um rund zehn Jahre geringere Lebenserwartung“, sagte der chirurgische Leiter des Zentrums, Oliver Mann, am Dienstag.

+++ Das UKE ist das beste Krankenhaus Hamburgs +++

Viele fettleibige Patienten, die ihr Gewicht trotz Sport und Ernährungsumstellung nicht in den Griff bekommen, legen sich unters Messer. Im vergangenen Jahr haben die Ärzte am UKE rund 250 stark übergewichtige Menschen operiert, in diesem Jahr rechnet Mann mit etwa 300 chirurgischen Eingriffen. Die häufigsten Adipositas-Eingriffe am UKE sind Magen-Bypässe, bei denen der Verdauungstrakt verkürzt wird. Außerdem kamen im vergangenen Jahr etwa 1300 Patienten in die Ambulanz.

„Die Zahlen sind immens steigend“, sagte der internistische Leiter des Zentrums, Jens Aberle. Nach der nationalen Verzehrstudie sei jeder zweite erwachsene Deutsche übergewichtig und jeder fünfte adipös. Adipositas habe aber „eine relativ schlechte Lobby“ und werde vor allem auf mangelnde Disziplin und ungezügeltes Essverhalten zurückgeführt. Dabei spielten auch genetische Faktoren eine Rolle, betonte Aberle. „Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, nicht nur ein körperlicher Zustand.“

Am Adipositaszentrum kümmern sich rund 20 Ärzte und Psychologen um die Patienten. Auch Ernährungsberater und weitere Spezialisten – etwa Herzspezialisten – werden herangezogen. Komplikationen seien bei fettleibigen Patienten häufig schwerer zu erkennen, erklärte Mann. „Sie unterscheiden sich elementar von anderen Patienten.“ Über ein Notfallhandy sei rund um die Uhr ein Adipositas-Spezialist zu erreichen. In dem Zentrum gibt es außerdem spezielle Rollstühle, Betten und Operationsinstrumente für besonders schwere Menschen.

Nach einer OP nehmen die Patienten schnell rapide ab. Im ersten Jahr verlieren sie rund 30 bis 40 Prozent ihres Körpergewichts, wie Aberle sagte. Auch die Begleiterkrankungen nehmen ab: „Die meisten Patienten mit einem Diabetes können nach sechs bis zehn Monaten ihre Medikation deutlich reduzieren oder sogar beenden. Dieser Effekt hält einige Jahre an oder bleibt sogar lebenslang bestehen.“

Die Patienten müssen nach einem Eingriff allerdings ihren Lebensstil deutlich ändern. „Wir können die Nahrungsaufnahme chirurgisch drosseln, aber für den Langzeiterfolg müssen die Patienten auch bereit und in der Lage sein, an sich und ihrem Ess- und Bewegungsverhalten zu arbeiten“, erklärte der Direktor des Instituts für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Prof. Bernd Löwe. Außerdem sei eine lebenslange Nachsorge nötig. (dpa)