Der BGH entschied, dass niedergelassene Ärzte sich nicht strafbar machen, wenn sie gegen Zahlung bestimmte Medikamente verschreiben.
Hamburg. Das Korruptionsverfahren gegen das Hamburger Pharmaunternehmen Zyo Pharma steht nach dem umstrittenen Urteil des Bundesgerichtshofs vor dem Aus. „Wir werden die Sache einstellen“, sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers am Mittwoch und bestätigte damit einen Bericht des ARD-Magazins „Report Mainz“. Der BGH hatte am 22. Juni entschieden, dass sich Kassenärzte, die für die Verordnung von Arzneimitteln Geschenke von Pharma-Unternehmen entgegennehmen, nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen. (Az. GSSt 2/11). Der niedergelassene Arzt handele weder als „Amtsträger“ noch als „Beauftragter“ der gesetzlichen Krankenkassen, hieß es zur Begründung. Das gelte auch für Mitarbeiter von Pharmaunternehmen. „Unseren Ermittlungen ist damit der Boden entzogen", so der Sprecher der Anklagebehörde. Die Ermittlungsgruppe aus acht Polizisten und einem Steuerfahndern sei bereits aufgelöst worden. Die Staatsanwaltschaft warf dem Pharmaunternehmen vor, Krebsärzte systematisch bestochen zu haben. Die Firma sollen Kassenärzte Geld für die Verwendung ihrer Krebspräparate gezahlt haben.
Seit Juni 2006 seien rund 120 Ärzte und 60 Apotheker mit monatlich 1000 bis 5000 Euro bedacht worden. Das Pharmaunternehmen wollte so den eigenen Gewinn ankurbeln. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich Zyo Pharma so einen Marktvorteil im siebenstelligen Euro-Bereich verschafft habe. Dieses Geld hätte die Staatsanwaltschaft gerne eingezogen – kann dies aber nun nicht mehr. „Besonders bedauerlich ist, dass wir die geplante Vermögensabschöpfung nicht betreiben können“, sagte Möllers. Ebenfalls vom Tisch sind durch das BGH-Urteil Ermittlungen gegen die Ärzte und Apotheker selbst sowie gegen Pharmareferenten, die im Falle einer Verteilung der Zyo Pharma in Gang gekommen wären.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte nach dem umstrittenen Urteil die Prüfung möglicher Sanktionen zugesagt. „Wir haben mehrere Regelungen, die bereits heute Korruption verbieten.“ Das Urteil müsse gründlich ausgewertet werden. „Dazu gehört auch, ob bestimmte Verbote strafbewehrt sein sollen.“ Bahr mahnte aber, an der Freiheit des Arztes nichts zu ändern: „Die freie Arztwahl, die Therapiefreiheit ist etwas, was erhalten bleiben soll.“ (dpa)