Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums zeigt: drei von vier Kneipen sind verraucht. Vor allem Spielhallen sind voll blauem Dunst.

Hamburg. Der Nichtraucherschutz in Hamburg weist derzeit eklatante Defizite auf - so lautet das Fazit einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (dfkz) in Heidelberg. Drei von vier Kneipen oder Bars seien in der Hansestadt verraucht. Ferner entsprechen nur zwei von zehn Raucherräumen den gesetzlichen Vorschriften. Obwohl es laut der Wissenschaftler beim Hamburger Nichtraucherschutz noch Nachholbedarf gebe, schneidet die Hansestadt im Vergleich zu anderen Bundesländern "relativ gut" ab. Nur Bayern und Berlin stehen besser da.

Die Experten untersuchten im März dieses Jahres 536 Gaststätten in den Stadtteilen Altstadt, Neustadt, St. Pauli, St. Georg und Rotherbaum. 78 Prozent der Gastronomiebetriebe waren rauchfrei. Jedoch gab es bei den einzelnen Gaststättentypen erhebliche Unterschiede. Betriebe der Systemgastronomie, Cafés, Restaurants waren rauchfrei, Imbissstuben nahezu qualmfrei. Anders sieht es wiederum im sogenannten getränkegeprägten Gastgewerbe aus. Von den mehr als 100 untersuchten Kneipen und Bars waren 77 Prozent Raucherlokale. Besonders auffallend war, dass die Mitarbeiter des dkfz in jeder Spielhalle auf den blauen Dunst stießen.

Das gute Abschneiden in Restaurants und Cafés erklären die Wissenschaftler mit dem bis vor kurzem gültigen restriktiven Regelungen. Am 1. Januar 2008 trat das Hamburgische Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit in Kraft. Demnach war das Rauchen in Behörden, Kliniken, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen wie beispielsweise Festzelten und Gaststätten verboten. Im Juli 2008 kippte das Bundesverfassungsgericht jedoch das Rauchverbot in Gaststätten. Eine geänderte Fassung trat am 1. Januar 2010 in Kraft. Seitdem ist das Rauchen in der getränkegeprägten Kleingastronomie wieder erlaubt. Zudem dürfen sich Raucher in Nebenräumen größerer Schankwirtschaften ihre Zigarette anzünden.

In Gaststätten in denen Essen angeboten wird, blieb das Rauchen jedoch verboten. In diesem Punkt unterscheidet sich die Hamburger Regelung von der Mehrzahl der anderen Landesgesetze, die auch in Restaurants Raucherräume zulassen. Gegen diese Sonderregel hatte die Betreiberin einer Autobahngaststätte geklagt. Das Bundesverfassungsgericht hat der Klage im Februar dieses Jahres stattgegeben und den Gesetzgeber zu einer erneuten Revision des Passivraucherschutzgesetzes aufgefordert. Wie berichtet, herrscht in der Hamburger Bürgerschaft dicke Luft. Eine Einigung, ob es ein generelles Rauchverbot oder Sonderregelung geben wird gibt es unter den Fraktionen noch nicht.

Eine vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Auftrag gegebene Umfrage, belegt indes erstmals, dass sich die Mehrheit der Deutschen für eine rauchfreie Gastronomie ausspricht. 77, 5 Prozent der Befragten wünschen sich rauchfreie Gaststätten. Im Jahr 2005 stimmte hingegen mit 53 Prozent etwa nur die Hälfte einem Rauchverbot zu. "Besonders freut uns, dass im Jahr 2012 mit 51 Prozent erstmals auch die Mehrheit der Raucher positiv gegenüber der rauchfreien Gastronomie eingestellt sind", sagt Dr. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Dies zeigt die repräsentative Umfrage unter 2000 Deutschen über 16 Jahren. Ferner stimmten 93 Prozent der Nichtraucher einem Verbot zu, 87 Prozent der ehemaligen Raucher möchten die Zigarette aus der Gastronomie verbannen und 71 Prozent der Gelegenheitsraucher wünschen sich qualmfreie Räume in Gaststätten.

Weit von einer rauchfreien Gastronomie ist Bremen entfernt. Wie die aktuelle Untersuchung belegt, sind nur sechs Prozent der Kneipen und Bars qualmfrei. Damit gibt es in keinem anderen Bundesland so viele Raucherkneipen und Raucherräume wie in Bremen, das somit das Schlusslicht in der Untersuchung bildet. Besonders erschreckend: In keinem anderen Bundesland sterben so viele Menschen an den Folgen des Rauchens wie in Bremen. Der Anteil der Todesfälle, der auf das Rauchen zurückzuführen ist, beträgt bei den Männern 22,6 Prozent, bei den Frauen 9,8 Prozent. (dob)