Sein letzter Film war eine Komödie. Humor, aber auch Melancholie gehörten zu den Markenzeichen von Walter Giller. Im Alter von 84 Jahren ist der Charakterdarsteller in Hamburg gestorben.

Hamburg/München. „Dinosaurier – Gegen uns seht ihr alt aus“ hieß sein letzter Film aus dem Jahr 2009, eine Komödie, in der Senioren einen Racheplan gegen eine Bank schmieden. Walter Giller war einer der Bewohner des Altenheims in diesem Film – und es kommt nicht von ungefähr, dass sein letzter Film eine Komödie war. Der Humor, wenn auch nicht der schenkelklopfende Witz, war das Fundament seiner Karriere, von den 50er Jahren bis in die Gegenwart. Am Donnerstag starb Walter Giller im Alter von 84 Jahren in Hamburg an einem Krebsleiden. Er lebte zuletzt in der Seniorenresidenz Augustinum an der Elbe in Neumühlen.

Komisch konnte er sein, immer ein bisschen vertrottelt und schusselig, aber auch einer, der es faustdick hinter den Ohren hat. Er ordnete sich unter in seinen Rollen, aber nicht, ohne vorher noch einmal auszuteilen. Das Besondere in seinen Filme aus den 50er Jahren war: Von der Zackigkeit der alten Ufa-Helden war bei ihm nichts zu merken, er verkörperte auch Skepsis.

Die meisten dieser Filme aber entsprachen dem Einerlei der 50er Jahre. Nach Engagements am Theater hatte er 1949 eine erste größere Filmrolle in „Artistenblut“. Man sah ihn neben Heinz Rühmann in der Klamotte „Charleys Tante“, mit O.W. Fischer in „Peter Voss, der Millionendieb“ (1959) und mit Hans-Joachim Kulenkampff und Heinz Erhardt in „Drei Mann in einem Boot“ (1961). Und vielen dieser Filme gab er mit der Melancholie, die auch in seinen Rollen lag, eine unverwechselbare Note.

Dann hatte Giller das Glück, in zwei Produktionen mitzuwirken, die weit über das Gros des Kinos der Adenauer-Zeit hinausreichten. In Wolfgang Staudtes brillanter Satire „Rosen für den Staatsanwalt“ (1959) spielt er einen ehemaligen Landser, der von einem Militärrichter wegen des Diebstahls von zwei Tafeln Schokolade zum Tode verurteilt wurde und nur durch einen Zufall entwischen konnte.

Ein weiterer Zufall will es, dass er ausgerechnet diesem Militärrichter begegnet, der in der Bundesrepublik mittlerweile Oberstaatsanwalt ist und immer noch stramm national. Giller wirkt hier fast wie ein Opfer des Wirtschaftswunders. Als fahrender Händler hat er es nicht weit gebracht, und sein Humor muss oft genug seine soziale Stellung kompensieren. Auch dieser Figur gibt er eine Tragik, die sich dann zu fast Kohlhaas'schen Dimensionen steigert.

Mit „Zwei unter Millionen“ (1961) von Victor Vicas und Wieland Liebske kam ein Hauch „neuer Welle“, die sich in Frankreich schon Ende der 50er Jahre zu regen begann, in den verknöcherten deutschen Film. „Zwei unter Millionen“ spielt auf den Straßen des noch nicht von der Mauer geteilten Berlins und handelt von den Schwierigkeiten, sich im Wirtschaftswunder-Deutschland einzurichten. Die Hauptrolle hat der zupackendere Hardy Krüger, aber Giller ist es, der das Misstrauen in diesen Film bringt. Er spielt Krügers Ost-Berliner Kollegen und sagt: „Bei euch ist auch nicht alles Gold. Das wirst du schon noch merken.“

Trotz dieser beiden Charakterrollen und seinem Auftritt in „Schloss Gripsholm“ (1964) hatte der deutsche Film in den 60er Jahren Giller wenig zu bieten. Er nahm zwar auch Rollen an in Filmen wie „Grimms Märchen vom lüsternen Pärchen“ (1969) – der Titel war spektakulärer als der Inhalt -, verlegte sich aber aufs Fernsehen und das gehobene Boulevardtheater.

Von 1989 an trat Giller mehr als 600 Mal mit seiner Frau Nadja Tiller in dem Stück „Plaza Suite“ auf. Ende der 90er Jahre ging er mit „Deutsche Vita“ auf Tournee, einem Vortragsabend, bei dem er Lesungen aus Kästner, Heine und Tucholsky mit persönlichen Erinnerungen verband.

1999 hat der Regisseur Jophi Ries den beiden mit seinem Kurzfilm „Immer“ ein wunderschönes Denkmal gesetzt. Da spielen die beiden ein älteres Ehepaar, so um die 70, das tanzen geht. Alles ist wie immer. Doch am Tisch druckst er herum, sagt, dass er noch einmal eigene Wege gehen will, weiß aber nicht so recht wie. Eine Midlife-Crisis, wenn auch recht spät.

Der viertelstündige Film handelt von den Ritualen eines langen gemeinsamen Lebens und ist auch eine berührende Hommage an ein Schauspielerehepaar: Seit 1956 waren Nadja Tiller und Walter Giller verheiratet, seit 2008 lebten sie gemeinsam in Hamburg.

Mit Material von dpa