Vor zwei Jahren drohte der Abriss, jetzt schraubte Kultursenatorin Barbara Kisseler symbolisch eine Plakette an einem der Gebäude an.
Hamburg. Happy End fürs Hamburger Gängeviertel: Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) und Vertreter der Initiative „Komm in die Gänge“ haben am Freitag den historischen Teil des Gängeviertels vollständig unter Denkmalschutz gestellt. „Die Stadt bietet ihre Geschichte nicht zum Ausverkauf an“, sagte Kisseler, nachdem sie an einem Gebäude symbolisch eine Denkmal-Plakette angeschraubt hatte. Nun sollen die alten Häuser behutsam saniert und dann durch die Gängeviertel-Genossenschaft in Selbstverwaltung übernommen und entwickelt werden.
Vor zwei Jahren sah die Situation noch ganz anders aus: Damals standen die maroden Gebäude in der Caffamacherreihe vor dem Verfall und sollten nach den Plänen eines niederländischen Investors abgerissen werden. Die Empörung in der Szene war enorm. Unter der Schirmherrschaft von Maler Daniel Richter besetzten am 22. August 2009 rund 200 Künstler das Viertel. Galerien wurden eingerichtet, es gab Konzerte, Diskussionen, Partys.
Die Kreativen wollten Raum für Kunst und Kultur schaffen und auf ihre Platznot hinweisen. Allein am ersten Wochenende strömten nach Angaben der Initiative rund 3000 Besucher in die historischen Arbeiterunterkünfte. Das Viertel wurde deutschlandweit bekannt und in den vergangenen zwei Jahren besuchten mehrere Zehntausend Gäste aus aller Welt das bunte Quartier.
Der friedliche Protest war erfolgreich: Nach langen Verhandlungen kaufte die Stadt Ende 2010 die Häuser für 2,8 Millionen Euro von dem Investor zurück. Für die geplante Sanierung stellt die Stadt weitere 20 Millionen Euro bereit. „Natürlich versuchen wir dabei soviel historische Substanz wie möglich zu erhalten“, kündigte Christine Ebeling von „Komm in die Gänge“ an. Der Denkmalschutz sei ein weiterer Schritt um dieses für Hamburg unverzichtbare Viertel langfristig vor Immobilienspekulation zu schützen.
Auf dem Areal sollen in den nächsten acht Jahren neben Ateliers und öffentlichen Räumen auch rund 80 Wohnungen entstehen. Nach dem Wunsch der Initiative soll das Viertel auch künftig so unkommerziell wie möglich bleiben und Bürgern generationsübergreifend als offener Lebens- und Arbeitsraum zur Verfügung stehen. Das Gängeviertel sei eine enorme Bereicherung, erklärte Kultursenatorin Kisseler. „Es macht die Stadt nicht so gesichtslos und verwechselbar.“ Zudem erinnere es die Besucher daran, dass Hamburg – entgegen der geläufigen Wahrnehmung – auch eine Arbeiterstadt war.
Der Kampf und das Durchhaltevermögen der Künstler hat sich also gelohnt. Dass die Häuser heute überhaupt noch da sind und sogar unter Denkmalschutz stehen, hätte sich vor zwei Jahren wohl kaum einer vorstellen können. Sie habe immer an ihren Traum geglaubt, sagte Ebeling. „Aber ich war ziemlich allein.“