Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist bei seiner ersten großen Auslandsreise als Regierungschef nach China gereist.

Hamburg/Peking. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) setzt bei seiner ersten großen Auslandsreise als Regierungschef nach China und Japan auf direkte Gespräche. "Politische und kulturelle Kontakte müssen gepflegt werden. Das kann man nicht abstrakt machen. Da muss man konkret miteinander reden und das können wir hier mit sehr interessanten Gesprächspartnern tun“, sagte er am Sonntag nach seiner Ankunft in der chinesischen Hauptstadt Peking.

Der insgesamt achttägige Besuch in der chinesischen Hauptstadt sowie in den Hamburger Partnerstädten Shanghai und Osaka in Japan dienten dazu, dass die Kontakte zwischen der Stadt, den Unternehmen, den chinesischen Firmen und Institutionen fortgesetzt würden. Das sei Voraussetzung dafür, miteinander ein wirtschaftliches Wachstum entwicklen zu können.

An diesem Montag trifft Scholz auch in seiner Eigenschaft als stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender den wahrscheinlich künftigen Ministerpräsidenten und derzeitigen Vizepremier Zhang Dejiang sowie führende Mitglieder der Kommunistischen Partei. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat deshalb bereits angemahnt, dass Scholz auch das Thema Menschenrechte ansprechen solle. Außerdem sind Unterredungen mit Vertretern der China Development Bank geplant.

Bereits am Sonntag hatte Scholz in Peking unter anderem die verbotene Stadt besucht. Die zwischen 1406 und 1420 von rund einer Million Arbeiter für den Kaiser errichtete Palast samt all der dazugehörigen Gebäude habe ihn sehr beeindruckt, sagte Scholz. Wie ihn überhaupt die Größe der Millionen-Metropole nicht kalt gelassen habe. Schon bei der Fahrt vom Flughafen in die Stadt habe sich gezeigt, wie stark die Stadt wachse. „Das ist, glaube ich, das, was am meisten beeindruckt, wenn man das mit Europa und den eigenen Verhältnissen vergleicht.“

Mit Blick auf die bis zu 40 000 in Hamburg fehlenden Wohnungen sagte der Bürgermeister, er wolle sich dennoch Peking nicht zum Vorbild machen. „Ich finde nicht, dass es bei uns auf gleiche Weise gehen sollte, denn dass rechtliche Vorschriften beachtet werden müssen und dass wir uns auch Zeit lassen für eine ordentliche Stadtplanung, das macht alles guten Sinn.“ Schließlich gelte es auch, die Umwelt zu schützen.

Scholz wird auf seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, darunter die Chefs der Airbus Operations GmbH, der Hamburg Port Authority, des Logistikunternehmens Buss Group und von Siemens Nord. Die zweite Station der Bürgermeisterreise, Shanghai – sie ist seit 25 Jahren Hamburgs Partnerstadt – verfügt über den weltweit zweitgrößten Containerhafen, Hamburg wiederum hat Europas drittgrößten Hafen. Nach Angaben des Auswärtigen Amts ist Deutschland Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. So brachte China 2010 vornehmlich über Hamburg so viele Waren in die Bundesrepublik, dass im bilateralen Handel aus deutscher Sicht ein Defizit von 22,9 Milliarden Euro entstand.

Die letzte Station der Reise führt Scholz ins japanische Osaka. Die an der Westküste gelegene Hafenstadt mit rund 2,6 Millionen Einwohnern gilt als das traditionelle Handelszentrum Japans. Hamburg pflegt mit ihr seit 1989 eine Städtepartnerschaft. Dort sind auch Gespräche mit Vertretern der Elektronikkonzerne Panasonic und Sharp geplant.

Seit 1972 pflegen Deutschland und China diplomatische Beziehungen. Seither ist das Reich der Mitte für die Bundesrepublik zu dem wichtigsten Wirtschaftspartner in Asien avanciert. Exportierten Unternehmen hierzulande Anfang der 1970er Jahre noch Waren für 270 Millionen Dollar, betrugen die deutschen Ausfuhren nach China 2010 nach Angaben des statistischen Bundesamtes 53,6 Milliarden Euro.

Insbesondere für Hamburg mit Deutschlands größtem Seehafen ist die boomende Volksrepublik wirtschaftlich und kulturell bedeutend. So hat der Erste Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz (SPD), ganz bewusst China für seine erste große Auslandsreise ausgewählt.

Schließlich sind in Hamburg derzeit etwa 400 chinesische Unternehmen wie die Reederei Cosco vertreten und nutzen die Stadt als europäische Drehscheibe. Damit beherbergt die Hansestadt mehr Firmen aus der Volksrepublik als jede andere Stadt in Europa. Mehr als 900 Hamburger Unternehmen treiben Handel mit China.

Der Hamburger Hafen und die Handelsverbindungen sind dabei die Lebensader für die Wirtschaftsbeziehungen. Mehr als die Hälfte des deutschen Außenhandels mit der Volksrepublik wird heute über den Hamburger Hafen abgewickelt. Selbst während der Wirtschaftskrise 2009 behauptete sich China mit etwa 2,3 Millionen Standardcontainern (TEU) – das sind 33 Prozent des Gesamtumschlags – als der wichtigste Außenhandelspartner des Hafens.

Eine 2002 gestartete China-Initiative will die Beziehungen zwischen der Stadt und dem Land weiter auszubauen. Bereits seit 1988 gibt es die Chinawochen, die – seit 2006 unter dem Titel China Time - als dauerhaftes Forum mit Blick auf die Wachstumsregion China geschaffen wurden.

Eine bedeutende Rolle kommt ferner dem Wirtschaftsgipfel der Handelskammer Hamburg zu: „Hamburg Summit: China meets Europe“ versammelt alle zwei Jahre internationale Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft und thematisiert aktuelle Fragen des chinesisch-europäischen Dialogs.

Seit 1972 ist die Volksrepublik mit einem Generalkonsulat in Hamburg vertreten. Herzstück dieser Verbindung bildet die seit 25 Jahren andauernde Städtepartnerschaft mit Schanghai. In der chinesischen Hafenmetropole unterhält Hamburg eine eigene Dependance, das Hamburg Liaison Office Shanghai.

Ein lebendiger Ausdruck der engen Bindung ist das Angebot an fünf Hamburger Gymnasien, Chinesisch zu lernen. Das Gymnasium Marienthal etwa bietet seit 2002 einen deutsch-chinesischen bilingualen Zweig an – einmalig in Deutschland. Hier werden deutsche und chinesische Schüler zweisprachig unterrichtet. In der Hamburger Metropolregion leben 10.000 Menschen chinesischer Abstammung.

Von Jana Werner mit Material von dapd und dpa