Der Güterzug hatte beim Rangieren auf einem Nebengleis einen Prellbock weggerammt. Anschließend war die Lok auf den Mittleren Landweg gestürzt.

Hamburg. Als Rentnerin Gisela I. (67) die entgleiste 72 Tonnen schwere Lok sieht, die sich unweit ihres Wohnhauses in den Asphalt der Straße Mittlerer Landweg gebohrt hat, sagt sie: "Im ersten Moment dachte ich, das ist ein Erdbeben". Gisela I. hatte in der Nacht Feuerwehr und Polizei alarmiert, weil sie durch den ohrenbetäubenden Krach und die Erschütterungen zunächst wirklich an einen Erdstoß glaubte.

Tatsächlich war jedoch ein Güterzug mit sechs Waggons am Donnerstag um 3.25 Uhr in Hamburg auf der Bahn-Strecke Buchholz-Maschen und Allermöhe entgleist. Die Lok stürzte an einem Bahndamm sieben Meter in die Tiefe. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, dass der Zug der Privatbahn "Teutoburger Wald-Eisenbahn" (TWE) zuvor beim Rangieren auf einem Nebengleis erst einen Prellbock durchbrochen hatte, daraufhin entgleiste. Die Lok rutschte dann den Bahndamm hinunter und kam erst wieder auf dem Mittleren Landweg zum Stehen.

Mit der Bergung der Lok wird nach Auskunft der zuständigen Bundespolizei frühestens am späten Nachmittag begonnen. Derzeit sichern Ermittler Spuren an der Unfallstelle. Danach wird ein Kran aus Hamburg anrücken, der die tonnenschwere Lok wieder auf die Gleise heben soll. Das dazu notwendige, spezielle Hebegeschirr wird aus Osnabrück angeliefert.

Menschen wurden bei dem Unfall nicht verletzt. Zwei 28 und 49 Jahre alte Männer retteten sich rechtzeitig mit einem Sprung aus der Lok. Laut Bundespolizei handelt es sich um einen Fahrschüler und seinen Ausbilder. Beide haben gegenüber der Polizei offenbar bislang keine Aussagen zum Unfallhergang gemacht. Ein Atemalkoholtest ergab bei beiden Männern 0,0 Promille.

Augenzeugen für den Vorfall gibt es offenbar nicht. Wann die Strecke wieder komplett freigegeben werden kann, ist noch nicht abzusehen. Wegen der aufwendigen Bergung könne dies bis in die Nacht dauern, heißt es. Die Feuerwehr, die 38 Beamte zum Einsatzort schickte, war zwischenzeitlich damit beschäftigt, 1000 Liter Diesel aus der Lok zu pumpen. Der S-Bahnverkehr war von dem Unfall nicht beeinträchtigt. Das betroffene Gütergleis zwischen Allermöhe und Billwerder wurde gesperrt.

Teutoburger Wald-Eisenbahn wurde 1899 gegründet

Die Teutoburger Wald-Eisenbahn Gesellschaft (TWE) ist eine Privatbahn mit Sitz im nordrhein-westfälischen Gütersloh. Sie wurde bereits 1899 gegründet und gehört heute mehrheitlich der Captrain Deutschland GmbH, die zahlreiche kleinere Bahngesellschaften vereint. Die TWE ist mit ihrem Fuhrpark von fünf Lokomotiven auf den Güterverkehr spezialisiert und transportiert vor allem Stahl- und Industriewaren. Dafür betreibt sie auch ein eigenes Gleisnetz von etwa 100 Kilometern Länge zwischen Ibbenbüren (Landkreis Steinfurt) und Paderborn. Aufgrund der geringen Wirtschaftlichkeit soll die Strecke aber stillgelegt werden.