Auch der Senat ohne Plan für den Brücken-Schlafplatz
Nach wochenlangen Diskussionen über den Umgang mit den Obdachlosen unter der Kersten-Miles-Brücke in Hamburg gibt es nun eine Lösung. Sie heißt: 24-Stunden-Betrieb in öffentlichen Toiletten und der Aufbau eines Klo-Containers. Vorerst. Denn wo genau der neue Abort hinkommt und wie lange es ihn geben wird, das alles steht noch in den Sternen. Nachdem anfangs allzu schnell Entscheidungen getroffen wurden, versucht sich der Senat nun Zeit zu verschaffen.
Das scheint vor dem Hintergrund dessen, was bislang passierte, vernünftig. Die damalige rot-grüne Koalition im Bezirk Mitte wollte durch einen Umbau unterhalb der Brücke die Obdachlosen vertreiben, weil sie glaubte, eines angeblichen Problems Herr werden zu müssen. Doch weil die nach den Arbeiten zurückkehrten, ließ Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) die ehemalige Schlafstätte mittels eines Zauns absperren. Die daraus resultierende massive öffentliche Empörung führte schließlich zu der Einberufung eines runden Tisches. Unter dem Vorsitz des Schlichters Hans-Peter Strenge kamen die Beteiligten zu dem Schluss, dass eine Toilette für den Preis von einer halben Million Euro eine gute Lösung sei. Von einer Schlichter-Runde wäre sehr viel mehr Spitzengefühl zu erwarten gewesen. Es brauchte eine erneute Empörungswelle, bis der Senat auch die teure Entscheidung kassierte und erklärte, die folgende Lösung würde billiger werden.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der runde Tisch krachend gescheitert. Die gestern vorgestellte Lösung kommt einem weiteren Tiefschlag für die Schlichtungsrunde gleich. Aber auch sie ist ein Schnellschuss. Richtigerweise kassierte der Senat die, so stellt es sich dar, hektisch getroffenen Entscheidungen. Aber einen ausformulierten Plan hat er auch nicht. Man muss sich schon fragen, ob es tatsächlich Aufgabe einer Landesregierung ist, sich mit der Frage zu beschäftigen, wo Obdachlose ihre Notdurft verrichten sollen. Zu dieser absurd geführten Debatte hätte es nicht kommen müssen, hätte man einen Umstand einfach akzeptiert: Obdachlose schlafen unter Brücken, seit es Brücken gibt.