Der 75-Jährige raste 2010 am Hauptbahnhof in eine Personengruppe. Ein Kind starb. Der Fahrer habe vor dem Unfall einen Krampf erlitten.

Hamburg. Im Prozess um den tragischen Unfalltod eines vier Jahre alten Jungen muss sich seit Donnerstag ein 75 Jahre alter Autofahrer vor dem Hamburger Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann fahrlässige Tötung vor. Der Verteidiger des Angeklagten las zu Beginn des Prozesses eine Erklärung seines Mandanten vor. Darin richtet sich der 75-Jährige an die Eltern des gestorbenen Jungen: „Ich bin verantwortlich für den Tod ihres Sohnes“, heißt es in dem Schreiben. „Es ist mir unerträglich, zu wissen, dass es nichts gibt, was ihn wieder lebendig machen kann, obwohl ich bereit wäre, alles Erdenkliche dafür zu tun.“

Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft raste der Angeklagte im Mai vergangenen Jahres mit seinem Auto ungebremst in eine Personengruppe – laut Anklage hatte er beim Ausparken am Hauptbahnhof das Gas- und Bremspedal seines Automatikwagens verwechselt. Dabei erfasste er einen vierjährigen Jungen. Das Kind starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Mutter und der Onkel des Jungen, die unmittelbar danebenstanden, erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Die 33-Jährige sagte am Donnerstag mit gepresster Stimme und unter Tränen vor Gericht aus, dass sie plötzlich von dem Wagen erfasst worden sei. Als das Auto zum stehen kam, habe sie ihren Sohn darunter liegen gesehen. „Ich habe noch seine Hand gehalten. Er hat sich nicht bewegt.“

In seiner Erklärung sagte der 75-Jährige, er sei beim Ausparken nicht vom Pedal gerutscht, sondern habe einen durchdringenden Schmerz im Bein gespürt. Dann sei ihm weiß vor Augen geworden. Danach habe er nur noch einen lauten Knall gehört. Seine Frau schilderte sichtlich betroffen und unter Tränen im Zeugenstand, wie sie noch versucht hätte, das anfahrende Auto mit den Händen festzuhalten.

Im Anschluss an das Unglück sei die Familie massiv bedroht worden, sagte die 70-Jährige. Telefonanrufe und blutdurchtränkte Briefe hätten sie erhalten, Flugblätter seien in der Nachbarschaft verteilt worden, selbst Geschäftspartner ihres Sohnes hätten E-Mails bekommen, wonach ihr Mann als „Kindsmörder“ diffamiert wurde. Der Prozess wird deshalb unter strengen Sicherheitsauflagen in einem Saal des Landgerichts geführt. Dem 75-Jährigen droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. (dpa/abendblatt.de)