Polizei und Stadtreinigung haben Plakate und Zettel von dem umstrittenen Zaun entfernt. Dieser sei ein falsches Signal, sagt Kiez-Pastor Sieghard Wilm.
Hamburg. Plakate und Zettel, Blumen und Kerzen sind weggefegt, die von Demonstranten gelockerten Schrauben wieder festgezogen. Stunden nach der Räumaktion des Bezirksamtes unter der Kersten-Miles-Brücke stehen noch ein paar Menschen vor dem Stahlzaun zusammen. Sie diskutieren über den Zaun, den das Bezirksamt Mitte aufgestellt hat, um Obdachlose von hier fernzuhalten. Tausende hatten gegen die Aktion protestiert, Kerzen und Blumen niedergelegt und Plakate aufgehängt.
Vor Ort ist auch Kiez-Pastor Sieghard Wilm von der St. Pauli Kirche. "Der Zaun ist eine unverhältnismäßige Maßnahme - nicht nur, was den Finanzhaushalt angeht", sagt Wilm. Ihm gehe es vor allen Dingen um die Symbolik der Maßnahme: "Wer Politik macht, muss die Sprache der Symbole kennen. Eine Gesellschaft, der nichts anderes einfällt, als einen Zaun zu bauen, geht mit den Problemen nicht angemessen um." Brücken, so Wilm, seien ein Zeichen für Zusammenhalt, Zäune stünden für Trennungen: "Mit dieser Entscheidung sendet Bezirksamtsleiter Markus Schreiber falsche Signale aus."
Die Stadt baut an der Spaldingstraße ein altes Hochhaus zu einer Unterkunft für etwa 160 Obdachlose aus. Die Unterkünfte sollen laut Nicole Serocka, Sprecherin der Sozialbehörde, am 1. November eröffnet werden. Einige der Obdachlosen lassen sich aber nicht ohne weiteres von ihrem bisherigen Platz vertreiben. Etwa der Obdachlose Jens Pawel. Er will nicht in die offiziellen Unterkünfte. Seit acht Monaten schlafe er dort, wo jetzt der Zaun steht. "Egal was passiert, ich schlafe weiter hier", sagte der 44-Jährige. Ungestörte Nachtruhe sei derzeit aber nicht möglich. "Letzte Nacht haben mich Polizisten dreimal gebeten, mich auf die andere Straßenseite zu legen."
Pawel hat die Räumaktion miterlebt - aber auch die Anteilnahme vieler Menschen für die Belange der Obdachlosen. Er hofft, dass sich weiterhin viele Menschen dafür einsetzen, dass der Zaun wieder verschwindet und er zurück an seinen Schlafplatz kann. Was er gehört habe, mache ihm aber wenig Hoffnung. "Anscheinend soll der Zaun mit zusätzlichen Stangen noch stabiler gemacht werden."