Defekter Fahrstuhl, steile Treppen, fehlende Dächer: Auch nach der Eröffnung des 21 Millionen Euro teuren Baus türmen sich die Probleme.
Bergedorf. Fast 15 Jahre lang haben die Bergedorfer die vielfach kuriosen Provisorien beim Neu-und Umbau ihres Bahnhofs und des Omnibusbahnhofs (ZOB) tapfer ertragen. Chaos herrschte, Buslinien wurden durch Fußgängerzonen geleitet, man wartete im Regen auf den Bus. Nun ist der 1846 erbaute Bahnhof mitten in der historischen Innenstadt des Bezirks Geschichte. Doch der Ärger nach der Neueröffnung geht weiter: defekte Fahrstühle, steile Treppen, fehlende Dächer, keine Kioske, viel Schmutz und dunkelgraue Rohbau-Tristesse. Dabei hat der Bahnhof, den täglich 32 000 Fahrgäste nutzen, mit 21 Millionen Euro doppelt so viel gekostet wie veranschlagt und ist überdies mit zwei Jahren Verspätung in Betrieb genommen worden. Erbost sind die Bergedorfer, die 2001 mit Hamburgs erstem Bürgerentscheid ein überdimensioniertes Einkaufszentrum am Bahnhof verhinderten. Der neue, eigentlich barrierefreie Bergedorfer ZOB wurde am 17. September feierlich mit Fahrzeugschau und dem Mitspielquiz "Menschwunderedichnicht" eröffnet.
Heute, eine Woche später, führt der Weg zum Eingang des Bahnhofs über einen holprigen, staubig-grauen Pfad zwischen Bauzäunen auf eine angeschlagene Glastür. Dahinter: nackte Lampen und Dutzende von Kabeln, die von der Decke baumeln, zwei Rolltreppen und eine normale Treppe. Alles hat den Charme einer schmutzigen Elektro-Grabbelkiste, denn der pulvrige Staub auf dem Pfad wirbelt bei jedem Schritt auf. Ein großes, blaues Schild weist auf den ZOB hin. Der alte Busbahnhof lag auf Straßenniveau. Nach dem Abriss des Bahnhofsgebäudes hat man den ZOB hochgelegt. Vier Fahrrampen führen die Busse nun auf das Niveau der S-Bahn-Schienen, und die Fahrgäste erreichen Bus und Bahn über Treppen und Fahrstühle im neuen Bahnhofsgebäude.
"Täglich kommen gut 20 Menschen zu uns und beschweren sich über die Treppen und die Fahrstühle", sagt Sabine Sandmann, Chefin der Bergedorf-Information. Die Treppe sei zu steil, die Stufen zu schmal und zu glatt, und Rolltreppen und Fahrstühle würden nicht immer funktionieren. "Es hat auf der steilen Treppe schon Stürze gegeben, und Rollstuhlfahrer werden mit dem Bus hochgefahren", sagt Sabine Sandmann. "Der Bahnhof ist hier Thema Nummer eins."
Rolf Westphalen, Sprecher der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), bestätigt die Probleme. Besonders die sensiblen Fahrstühle und Rolltreppen würden vom Schmutz lahmgelegt. "Es ist schließlich hier noch eine Baustelle", sagt Westphalen. Das stimmt: Das Bahnhofsinnere ist betongrau, dunkel und hat immer noch Rohbaustatus. Und die Straße unmittelbar vor dem Eingang wird gerade aufgerissen und umgebaut.
Ja, im Winter habe es einen schweren Sturz gegeben, erzählt Rolf Westphalen, aber die Treppe würde der Norm entsprechen. Das Schild "Achtung, Stolpergefahr" sei an der Treppe nur angebracht, weil Fliesen schief geklebt seien, was nun geändert werde. Auch Arne Dornquast, Chef des Bezirks (der die Straße vor dem Bahnhof umbaut), verspricht, dass "alles bis Ende 2011 fertig ist".
Mehrfach streikte in der vergangenen Woche die Technik. Doch Ende des Jahres sollen alle Probleme auch im Gebäude behoben sein. Davon existieren noch weitere: Das Fahrradparkhaus ist nicht fertig. Das Reisezentrum der Deutschen Bahn (DB) logiert weiter in einem gelben Container am Lohbrügger Ausgang. Das Glasdach des ZOB ist immer noch nicht montiert. Es regnet nicht nur durch, sondern ist auch sehr zugig. Um die Dachkonstruktion, die eigentlich längst montiert sein sollte, hatte es einen langen Streit gegeben, weil die Aufhängung anfangs nicht den Halt der Glasplatten gewährleistete.
"Wir haben ein komplettes Dach bestellt, und das werden wir auch Ende Oktober erhalten. Weiterhin stehen auf dem ZOB noch drei Pavillons leer. Doch auch hier soll bald etwas passieren. Ein Backshop, ein Kiosk und ein Imbiss sollen kommen, verspricht Westphalen.
Nicht alle Fahrgäste haben das Bahnhofssystem verstanden. Immer wieder nutzen Menschen die Rampen, auf den Busse zum oder vom Oberdeck fahren, um ganz schnell in Bergedorfs City zu gelangen. Was verboten und gefährlich ist. Auch aus diesem Grund haben die VHH ständig mehrere Mitarbeiter auf dem Bahnhof im Einsatz. Die helfen bei Orientierungsproblemen, fegen mit Besen den Dreck besonders bei den Rolltreppen weg und achten auf technische Defekte. "Sie sind rund um die Uhr im Einsatz", sagt Rolf Westphalen. Wenn der Bahnhof fertig ist, versprechen die VHH helle Innenräume und "Annehmlichkeiten". Ein Beispiel: Wer von der City-Seite den Bahnhof betritt, sieht im ersten Stock die große elektronische Anzeigetafel, auf der alle Buszeiten angegeben sind. "Wer dann noch ein bisschen Zeit hat, kann sich zu McDonald's setzen und hat die Tafel im Auge", sagt der VHH-Sprecher.