Kliniken kritisieren Zahlenspiele des Senats

Hamburg. Über die Versorgung von psychisch Kranken ist ein erbitterter politischer Streit entbrannt. Der Senat gewährt den Hamburger Krankenhäusern mehr Betten für die Behandlung von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Allerdings ist die Zahl von zusätzlich 52 vollstationären und 30 teilstationären Betten im UKE, in der Asklepios-Klinik Nord, im Westklinikum, in der Schön-Klinik, im Albertinen und Bethesda weit unter dem, was die Krankenhäuser erwartet haben. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) sagte dem Abendblatt, sie hoffe, dass die Versorgung psychisch Kranker nicht nur besser werde, sondern auch schneller geschehe. Zurzeit gebe es lange Wartelisten.

Die Geschäftsführerin der Krankenhausgesellschaft, Claudia Brase, wirft der Behörde vor, bei den Ausbauzahlen zu mogeln. "Es werden Betten woanders abgezogen und umgewidmet, damit man von zusätzlichen Angeboten für die Patienten sprechen kann." Wissenschaftlich sei noch gar nicht beantwortet, wo einzelne Patienten am besten versorgt seien. "Man kann nicht alle in ambulanten Praxen behandeln." Bei schweren Formen psychischer Erkrankungen sei die Zahl der Krankenhausbehandlungen in den vergangenen zehn Jahren um 124 Prozent gestiegen. Ob es eine Klage gegen die Behördenentscheidung gibt, ist noch offen.

Dabei war das Senatswort erst notwendig geworden, weil sich die Kliniken und die Krankenkassen nicht auf Änderungen am Bettenplan einigen konnten. Die Behandlung im Krankenhaus ist fast immer deutlich teurer als die bei niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten. Prüfer-Storcks sagte: "Psychisch Kranke brauchen eine gute ambulante Versorgung in ihrem gewohnten Lebensumfeld. Mit einer frühen Hospitalisierung tut niemand psychisch Kranken einen Gefallen." Sie erwartet von den Krankenkassen, dass sie Versorgungsmodelle entwickeln, in denen Hausärzte, Fachärzte und Sozialarbeiter zusammenwirken. Wie die Senatorin drängt der Kassenverband vdek auf mehr vernetzte Therapieangebote.

Hamburg steht im Bundesvergleich bei der Zahl der psychischen Erkrankungen an der traurigen Spitze. Die Techniker Krankenkasse ermittelte in Hamburg 44 Prozent mehr Fehltage durch psychische Malaisen. Im deutschen Durchschnitt dauert es fast drei Monate vom ersten Kontakt mit dem Hausarzt bis zum Termin beim Spezialisten.