Die Bestellung war so ungewöhnlich wie überraschend: Die Italienerin, die neulich mit ihrer Familie im Landhaus Scherrer zu Abend aß, bat knapp um eine Portion Pommes frites. Die knusprigen Kartoffelstäbchen, die man sonst gewöhnlich an der Fritten-Bude für wenige Euro bestellt, und dann gerne in Rot-Weiß mit Mayo und Ketchup, im Sterne-Restaurant, geht das?
"Bei uns ja, selbstverständlich", sagt Restaurantleiterin Annegret Seeger. Es komme nicht alle Tage vor, dass jemand Pommes frites wolle, "aber warum sollten wir das nicht machen?", fragt sie. Einige Gäste wollten sie mit der Bestellung foppen, mal sehen, ob das die Küche schaffe, andere Gäste "haben schlicht Hunger auf Pommes frites, zum Beispiel Kinder". Flexibilität in einem Edel-Restaurant, wo das Sieben-Gänge-Menü mit Reh und Hummer schon mal 119 Euro kostet. "Pommes frites, wörtlich ausgebackene (Erd-)Äpfel, umgangssprachlich in Deutschland meist Pommes oder Fritten genannt, sind frittierte, längliche Stäbchen aus Kartoffeln. Ursprünglich in Belgien beheimatet, sind sie heute weltweit als Beilage und Imbiss verbreitet", schreibt Wikipedia.
Restaurantleiterin Seeger hat ein schlagendes Argument, warum sie notfalls auch Pommes servieren: "Unsere Gäste sollen sich bei uns wohlfühlen, und dazu gehört auch, auf außergewöhnliche Speise-Wünsche flexibel zu reagieren." Die Service-Chefin weiß zudem, aus kleinen werden irgendwann mal große Gäste, oftmals auch finanzkräftige: "Kinder, die bei uns heute ihre Pommes frites bekommen haben, behalten das bestimmt in guter Erinnerung und feiern vielleicht in 20 Jahren hier ihre Hochzeit." Wir machen den Test, wenig später serviert Chefkoch Heinz Wehmann die Fritten persönlich.
Was aber ist, wenn man zu zweit in einem anderen Gourmet-Restaurant diniert, der Partner die besagten Pommes frites mit Ketchup oder Mayo ordert statt des Gourmet-Menüs? Etiketteberaterin Meike Slaby-Sandteweiß Rat für diesen Extremfall: "Die Reaktion des Servicemitarbeiters wird sicherlich Erstaunen widerspiegeln. In dem Fall sollte man seinem Gegenüber aus der peinlichen Situation helfen: Sollte der Service die Bitte verneinen, rasch das Thema wechseln oder die eigene gewählte Beilage empfehlen und vorschlagen, ob die Begleitung diese nicht auch probieren möchte. Sich eventuell auch als Pommes-Liebhaber zu bekennen macht im Zweifelsfall noch sympathischer."