Wenn das geistliche Oberhaupt der Tibeter am 21. August Hamburg besucht, ist Christof Spitz, Dolmetscher des Dalai Lama, wieder im Einsatz.
Hamburg. Wenn der Dalai Lama in Deutschland öffentlich auftritt, dann ist Christof Spitz meist dabei. Der 56-jährige Hamburger ist seit 20 Jahren Dolmetscher des geistlichen Oberhaupts der Tibeter, wenn dieser im deutschsprachigen Raum zu Besuch ist. Spitz, der selbst Buddhist ist und 13 Jahre lang als Mönch lebte, übernahm diese Aufgabe 1991. Seither hat er den Dalai Lama fast jährlich bei seinen Besuchen begleitet und auch Kurioses erlebt.
Ursprünglich wollte Spitz in Aachen Maschinenbau studieren. „Doch ich hatte nicht das Gefühl, dass mich diese Karriere, die nur auf Materielles ausgerichtet ist, wirklich ausfüllen würde“, erzählt er. Die Sinnsuche führte Spitz in den 70er Jahren zum Buddhismus. „Es waren die Persönlichkeiten der tibetischen Lehrer, die einerseits sehr gefestigt und entspannt wirken und andererseits Werte verkörpern wie Mitgefühl und Weisheit“, sagt Spitz, der seit 2007 Geschäftsführer des Tibetischen Zentrums in Hamburg ist. „Ich hatte das Gefühl, die leben das auch.
Zudem seien ihm die buddhistischen Lehren sehr rational begründet vorgekommen. Es gelte, dass die Grundbestrebung im Leben sei, Glück zu finden und Leid zu überwinden, erklärt Spitz. Dazu würden zum Beispiel Meditationen und Prinzipien zur Lebensführung angeboten, die eher auf Erkenntnis als auf Glauben gründeten. 1979 brach er sein Studium ab und kam nach Hamburg, um Tibetisch zu lernen und buddhistische Philosophie zu studieren.
Zudem half Spitz mit, das Tibetische Zentrum in Hamburg aufzubauen. Es sei eine aufregende Zeit gewesen, sagt Spitz. Der kleine Kern der Gemeinde mit anfangs drei Mönchen, einer Nonne und einem Lehrer aus Tibet, einem Geshe, musste mehrfach umziehen, bis 1983 der heutige Standort bezogen wurde, ein umgebautes Wohnhaus im Hamburger Stadtteil Rahlstedt.
Spitz selbst war von 1981 bis 1994 Mönch. In der Gemeinschaft trug Spitz ein rot-orangefarbenes Mönchsgewand, ähnlich dem Dalai Lama. Er habe das Gewand allerdings nicht immer getragen. „Wenn man hier in Robe rausgeht, wird man schon teilweise sehr merkwürdig angeschaut“, sagt Spitz. Kinder fragten laut: „Mama, warum hat der Mann denn einen Rock an?“
Als buddhistischer Mönch legte Spitz ein Gelübde ab. „Man verspricht, dass man ein Leben führen möchte, das auf die Befreiung von Unwissenheit, von negativen Emotionen wie Gier, Hass, Anmaßung und Stolz ausgerichtet ist“, sagt Spitz. Zudem gebe es mehr als 200 Regeln zu beachten wie zum Beispiel den Zölibat. Die Vorschriften reichten vom Verbot zu stehlen und zu töten bis hin zu kleinen Dingen des Alltags wie Kleidungsvorschriften und Essenszeiten.
Die Begegnung mit einer Frau sei schließlich der Anlass gewesen, sein Mönch-Dasein aufzugeben. Doch er blieb der Religion und der Gemeinde treu und dolmetscht bei Besuchen des Dalai Lamas. Wie auch bei dem bevorstehenden fünften Hamburg-Besuch des geistlichen Oberhaupts der Tibeter am 21. August. Bei persönlichen Unterredungen sei er allerdings nicht dabei, diese würden meist auf Englisch geführt.
Auch wenn Spitz nie in Tibet war, bereitet ihm die Übersetzung der Inhalte der Lehren keine Probleme. Am schwersten sei Humor. „Tibetische Witze sind schwierig zu verstehen, weil das meist Situationskomik ist“, erklärt Spitz. „Dann lacht der Dalai Lama und ich kann es manchmal nicht übersetzen.“
Besonders kurios sei eine Begegnung mit ihm in einem Hotel in Graz gewesen. Früh morgens sei er dem Dalai Lama in Unterrock und -hemd auf dem Hotelflur begegnet. Dieser stand gestikulierend vor seinem Frühstücksbuffet und ließ seinen Assistenten einen Teller mit Lebensmitteln füllen.
„Ich dachte, komisch, frühstückt er jetzt? Aber es sah so aus, als ob das Buffet schon benutzt war“, erzählt Spitz. „Dann erklärte Seine Heiligkeit: Er hatte bei seinen Meditationen vor dem Frühstück einen Obdachlosen beobachtet, der vor dem Hotel auf einer Parkbank lag, und er tat ihm leid.“ Dem Teller habe der Dalai Lama noch einen 50-Dollar-Schein hinzugefügt und dem Obdachlosen bringen lassen. „Mit schönen Grüßen vom Dalai Lama“, sagt Spitz.