Ein Kommentar von Matthias Iken
Wenn Deutsche befragt werden, was sie ganz furchtbar finden, landet das Unwort Bürokratie irgendwo in der Gesellschaft von Atomkraft, Sommerstau oder Hämorrhoiden. Was dabei gern übersehen wird - für einen Großteil der Bürokratie sind wir selbst verantwortlich.
Ein hübsches Beispiel dafür sind die sogenannten Schallschutzschirme. Die hat das Bezirksamt Altona den Gastronomen an der Susannenstraße zur Auflage gemacht. Sie sollen den Lärm der Straßencafés dämpfen. Klingt vernünftig, ist es aber nicht. Denn abgesehen von ihrer zweifelhaften Wirkung sind diese Schirme extrem teuer und müssten aufwendig in den neu gepflasterten Boden eingelassen werden. Eine Schallschutzschirmverordnung hingegen passt sich gut ein in die Hamburger Politik, die auch gelbe oder blaue Striche auf den Bürgersteig pinselt, um der Außengastronomie Grenzen zu setzen. Während sich Bayern seiner Biergartenkultur rühmt, stutzt die Hansestadt gerade mit bürokratischen Verordnungen die wachsende Straßencafé-Kultur zurück. Dabei hat sie Hamburg lebenswerter gemacht.
Und doch sollte man nicht nur mit dem Finger auf die Behörde zeigen - denn die handelt, weil Anwohner sich über Verkehr, Lärm oder sonstigen Unbill beschweren. Skurril wird es, wenn sie dies in klassischen Szenevierteln tun, die gerade von ihrem Nachtleben leben. Die Schanze aber ist kein Park, St. Pauli ist kein Kurort. Eine Stadt lebt und ist auch einmal dreckig und laut. Ruhe gibt es in den Vororten ausreichend.
Es gibt ein Sprichwort, an das man sich auch in Szenevierteln erinnern muss: Wo kein Kläger, da kein Richter - und weniger Bürokratie.