Manche Polizisten arbeiten, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, manche gehen betont nüchtern ihrem Handwerk nach.

Das Böse ist nur fassbar in seinen Taten, wird verkörpert durch Täter und ist nur dann zu fassen. Gläubige Menschen haben eine Vorstellung vom Bösen. Haben sogar einen Namen dafür: Satan, Luzifer, Teufel. Agnostiker denken eher an konkrete und damit greifbare Personen aus der Geschichte, an Menschen wie Cesare Borgia, Hitler, Stalin, Pol Pot, Gaddafi. Trotz allen Abscheus geht von ihnen häufig das aus, was sie einst zu Idolen machte: die Faszination des Bösen. Ihre willigen Helfer verkörpern die Banalität des Bösen. So definierte in einer berühmt gewordenen Analyse Hanna Arendt die Taten des Massenmörders Adolf Eichmann, eines scheinbar ganz gewöhnlichen durchschnittlichen Deutschen. Im Dritten Reich bestimmte das Böse die Moral der Herrschenden. Also war es die herrschende Moral. Das Böse ist der dem Guten entgegengesetzte Seinsbereich, der als Ursprung von Leid, Unglück und Zerstörung angesehen wird. So steht es im Lexikon der Philosophie. Mit einer solchen Definition können die Jäger des Bösen nichts anfangen, wenn es darum geht, dem Bösen ein Gesicht zu geben: das der Täter. So wie jetzt im Fall Dennis. Egal, wie lange die Jagd auch dauern mag. Die Welt der Opfer ist aus den Fugen geraten. Sie sind fürs Leben gezeichnet. Deshalb sollen die nicht unbestraft davonkommen - ganz egal, wie lange es dauert, sie zu fassen -, die ihnen das angetan haben. Erst unmoralische Taten werden zu Unrecht und damit strafbar.

Dass die Gerechtigkeit siegen möge durch das, was er tut, erklärte mir ein Fahnder, sei nicht das, was ihn täglich motiviert. Er habe einen Auftrag zu erfüllen im Namen der Gesellschaft, des Rechtsstaates, und gehe deshalb nur seinem Beruf nach. Gegen Täter professionell so zu ermitteln, dass die Beweise für eine Verurteilung reichen. Mit einer biblischen Formulierung, dass es um den ewigen Kampf des Guten gegen das Böse gehe, dürfe man ihre Arbeit nicht umschreiben, protestiert eine Kollegin, die zwar qua Funktion zu den Guten gehört, aber das, was sie tut, nicht überhöht als Kampf gegen die Bösen betrachtet, sondern schlicht als Ausübung ihres Berufs, als Handwerk. Jemand muss es tun, am besten jene, die dafür geschult wurden so wie sie. Amateure, und seien sie auch noch so guten Willens, noch so engagiert für eine bessere Welt, kann man in dem Geschäft nicht gebrauchen. Es gilt, die Kriminalität zu bekämpfen. Die ist das Böse. Der Feind. Nicht die Kriminellen.

Profis sprechen deshalb nicht vom Bösen an sich, das sie verfolgen im Namen der Gesetze. Sondern von Tätern, die Böses begangen haben — Mord, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch. Die wollen sie im Auftrag des Rechtsstaates, dem sie verpflichtet sind, einer gerechten Strafe zuführen und indirekt den Opfern Genugtuung widerfahren lassen. Das entspricht dem allgemeinen Bedürfnis der Menschen, weshalb sie am Ende von Thrillern und Kriminalromanen das Gute siegen sehen wollen. Vergeltung, Sühne, Rache sind urmenschliche Bedürfnisse. Auch im wahren Leben. Aber auch die sogenannten Guten sind gegen das Böse nicht immun. Es lauert auch in ihnen. Bricht aber nie aus.

Hoffentlich.