Hamburg ist eine Drehscheibe für japanische Waren in Europa. Bringen die Container jetzt radioaktive Strahlung mit? Und sind Fische belastet?
Hamburg. In China werden Schiffsladungen aus Japan jetzt verstärkt auf Radioaktivität kontrolliert, in Thailand und Singapur sollen Nahrungsmittel aus Japan getestet werden. Auch viele Hamburger sorgen sich. Denn Hamburg ist eine der zentralen Drehscheiben für japanische Waren in Europa. Die größten Zuwächse im Containerumschlag erzielte der Hamburger Hafen 2010 auch im Geschäft mit Japan.
Experten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, der Behörde für Inneres und Sport und des TÜV-Nord haben sich am Montag zu einer Lagebesprechung getroffen. Ihr Ergebnis: Für Hamburg besteht derzeit keine Gefahr. Die ersten betroffenen Schiffe aus Japan werden frühestens im April in Hamburg erwartet.
In der Stadt gibt es verschiedene Messstellen, an denen auch Radioaktivität gemessen wird. Diese Aufzeichnungen sollen in den kommenden Tagen und Wochen aufmerksam beobachtet werden. "Die Expertengruppe wird sich bis auf weiteres regelmäßig unter der Federführung der Behörde für Inneres und Sport treffen und kontinuierlich die Lage bewerten und die sich daraus für Hamburg ergebenden Schritte identifizieren", sagt der Leiter der Hamburger Katastrophenabwehr Dr. Stefan Schulz. Zusammen mit Dienststellen des Bundes soll auch an einer neuen Verordnung gearbeitet werden, die festlegt, welche Waren wann geprüft werden müssen.
Nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl (Ukraine) wurde das Integrierte Mess- und Informationssytem erlassen. Seitdem wird die Umweltradioaktivität mit 1800 Messstellen in ganz Deutschland überwacht und Lebensmittel sowie Futtermittel werden stichprobenartig auf radioaktive Strahlen getestet. Auch Fisch aus Japan und anderen asiatischen Ländern wird in Stichproben untersucht.
Wissenschaftler des Instituts für Fischereiökologie in Hamburg schließen eine Gefährdung der deutschen Bevölkerung durch kontaminierte Fische und Meeresprodukte aus Japan zum jetzigen Zeitpunkt aus. Die Hamburger Wissenschaftler rechnen aber damit, dass Cäsium in der Nähe des japanischen Kraftwerks Fukushima ins Meerwasser gelangen wird. Cäsium ist chemisch mit Kalium verwandt, einem Element, das von Organismen aufgenommen und verstoffwechselt wird. Gelangt es ins Wasser, wird es zunächst im Plankton auftreten, aber auch in Muscheln und Algen. Einige Wochen später könnten dann auch erhöhte Aktivitäten von Cäsium in Meerwasserfischen messbar sein. Aufgrund der aktuellen Datenlage ist das aber noch nicht abschätzbar.
"Zur Cäsium-Belastung von Fischen liegen uns umfangreiche Datensätze aus der Zeit des Reaktorunglücks in Tschernobyl vor. Anhand dieser Daten können, im Falle einer größeren Freisetzung, die Kontaminationen in Fischen aus betroffenen Gebieten gut abgeschätzt werden", sagt Dr. Ulrich Rieth vom Johann Heinrich vom Thünen-Institut in Hamburg, das nach dem Strahlenschutzvorsorge-Gesetz von 1986 als Leitstelle für die Überwachung der Umweltradioaktivität in Fischen und Fischereiprodukten zuständig ist.
Japan ist nach China der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Asien. Gemessen am gesamten deutschen Außenhandel sind die Export- und Importanteile aber eher gering, sie betragen nur drei Prozent. In Hamburg kommen aus Japan vor allem elektronische Bauelemente, medizinische Geräte, Fahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Mess- und steuerungstechnische Erzeugnisse sowie Rundfunk- und Fernsehgeräte an, so die Hamburger Handelskammer.
Neben Endgeräten werden in Japan auch zahlreiche elektronische Komponenten wie Chips, Sensoren oder LCD-Glas gefertigt. Laut Branchenverband Bitkom könnte es nun bei einzelnen Herstellern zu Engpässen bei bestimmten Teilen kommen. Im "weltweiten Maßstab" sei die Versorgung aktuell aber nicht gefährdet.
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Momentan ist die Nachfrage nach einem ganz anderen Gerät enorm gestiegen: Atomstrahlenmessgeräte sind in Deutschland derzeit im Handel und bei den Herstellern nicht mehr erhältlich. Das berichtet die „Financial Times Deutschland“. Geigerzähler könne sie derzeit „keinen liefern, nicht ein einziges Stück“, sagte eine Sprecherin des Elektronikhändlers Conrad dem Blatt. Die Vorbestellungen lägen bereits „im Hunderterbereich“. Wie viele der 300 bis 500 Euro teuren Geräte Conrad seit der Nuklearkatastrophe in Japan verkauft hat, wollte sie nicht sagen: „Wir veröffentlichen keine Verkaufszahlen.“ Der Händler arbeite jedoch mit Hochdruck daran, Zähler für den ausverkauften Markt aufzutreiben.