Die Kühne-Holding übernimmt die Finanzierung weiterer Anteile. TUI gibt grünes Licht für den Börsengang der Reederei Hapag-Lloyd.
Hamburg. Die erste Entscheidung über die Zukunft von Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd ist gefallen. Das Konsortium Albert Ballin, an dem die Stadt Hamburg und der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne die größten Anteile halten, wird weitere 11,33 Prozent von Hapag-Lloyd übernehmen. Der Kaufpreis beträgt 315 Millionen Euro, teilte der Reisekonzern gestern nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mit. Das Konsortium hielt auch vorher mit 50,2 Prozent die Mehrheit, sichert aber durch den Kauf die Eigenständigkeit der Reederei am Standort Hamburg zusätzlich ab. Der Anteil der TUI geht mit dem Verkauf auf 38,4 Prozent zurück. Das Geld soll in Schuldenabbau und den Ausbau des Tourismus fließen. In der Reederei stecken derzeit noch 1,71 Milliarden Euro von der TUI.
Hinter dem Zukauf steht der internationale tätige Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der bereits durchgerechnet mit gut 13 Prozent an der Hamburger Reederei beteiligt ist. "Die Kühne-Holding hat dem Konsortium eine Finanzierungszusage gegeben", sagte Karl Gernandt, der Vorstandschef der Holding, gestern dem Abendblatt. Die Kaufoption für die Anteile der TUI stand zwar nach den Vereinbarungen dem Konsortium zu. "Wir haben uns aber mit der TUI und Albert Ballin geeinigt", sagte Gernandt. "Der Schritt ermöglicht der TUI den Einstieg zum Ausstieg bei Hapag-Lloyd." Formal bleiben die Anteile zunächst im Eigentum des Konsortiums (s. Grafik).
Die Stadt Hamburg stellt für den Zukauf kein Geld bereit. "Wir sind mit keinen Erwägungen befasst, die Höhe der mittelbaren Beteiligung Hamburgs an Hapag-Lloyd zu verändern", so Daniel Stricker, der Sprecher der Finanzbehörde. Dies gelte weiterhin. Die Stadt unterstütze aber alle Maßnahmen, die dazu geeignet seien, Hapag-Lloyd als erfolgreiches Unternehmen am Standort zu stärken.
Neben dem Verkauf der Anteile hat der TUI-Aufsichtsrat gestern auch den Weg für einen Börsengang der Hapag-Lloyd-Anteile zugestimmt. Wie viele Anteile künftig angeboten werden sollen und zu welchem Termin der Gang auf das Parkett angestrebt wird, ist derzeit noch offen. Angepeilt werden aber offensichtlich der 15. April oder ein Zeitpunkt kurz darauf. "Die Zustimmung des Konsortiums zum Börsengang steht in den kommenden zehn Tagen an", sagte Gernandt. Auch dem Kauf der Anteile muss die Gesellschafterversammlung noch zustimmen.
Klar ist, dass bei dem Börsengang zunächst nur Aktien aus dem Besitz der TUI angeboten werden sollen. Dies könnten sogar 30 Prozent und mehr sein. Nach dem Verkauf könnte sich das Konsortium auflösen. Jeder einzelne Eigner würde dann seine Anteile eigenständig halten. "Falls das Konsortium aufgelöst werden sollte, würde dadurch eine schlanke Unternehmensführung entstehen", sagte Gernandt.
Nach Informationen des Abendblatts ist aber geplant, dass die Mitglieder, zu denen auch die Versicherungen Signal Iduna und HanseMerkur, die Banken M.M.Warburg und HSH Nordbank sowie anonyme Privatinvestoren zählen, noch ein Jahr nach dem Börsengang gemeinsam eine Mehrheit an Hapag-Lloyd halten werden. Dieses Vorhaben wird durch den Zukauf der Anteile nun weiter abgesichert.
Nach einer Auflösung des Konsortiums würde der Anteil von Kühne auf knapp 25 Prozent steigen. "Wir glauben an die Reederei und wollen sie weiter ausbauen", sagte Gernandt.
Immerhin hatte Hapag-Lloyd bereits 2010 die Krise überwunden und einen Rekordgewinn eingefahren. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis erhöhte sich von einem Verlust von 342 Millionen Euro auf ein Plus von 583 Millionen Euro - und die Aussichten für die Zukunft werden von Experten positiv beurteilt.
So rechnet das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) für die kommenden Jahre mit anhaltendem Umschlagwachstum. Zwar würden in diesem Jahr noch 60 Containerriesen mit jeweils mehr als 10 000 Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) abgeliefert und dadurch möglicherweise die Frachtraten für Schiffe dieser Kategorie unter Druck geraten, sagte ISL-Direktor Burkhard Lemper. Insgesamt sieht er die Zukunft der Schifffahrt aber optimistisch. "Für 2011 gehen wir von einem Plus von acht bis zehn Prozent aus. Für die Jahre bis 2020 sollte eine durchschnittliche Wachstumsrate von sieben Prozent erreicht werden", ist der Experte sicher.
TUI hatte die Mehrheit an der früheren Tochter Hapag-Lloyd 2009 an das Konsortium Albert Ballin verkauft. Allerdings musste der Konzern aus Hannover mehr Anteile behalten als zuvor geplant und die Reederei zudem in der Krise mit Krediten stützen.