Kostenrahmen von 15,5 Millionen Euro gesprengt. Neues Wahlrecht ist die Ursache
Hamburg. Diese Bürgerschaftswahl kommt Hamburgs Steuerzahler teuer zu stehen. Die ursprünglich für die Wahl angesetzten 15,5 Millionen Euro werden nicht ausreichen. Das teilte Landeswahlleiter Willi Beiß gestern in einer ersten Analyse mit. Wie hoch die Endsumme ausfallen wird, ist nicht bekannt; die genaue Abrechnung steht noch aus.
Einziger Grund für die hohen Kosten ist das neue Wahlrecht, bei dem jeder Bürger in vier Wahlheften insgesamt 20 Stimmen vergeben konnte. Das zeigt ein Vergleich mit der Bürgerschaftswahl 2004, bei der noch nach altem Wahlrecht abgestimmt wurde. Damals lag das Budget bei 1,8 Millionen Euro. Nach Auskunft des Landeswahlamts bewegen sich auch Bundestagswahlen in diesem Kostenrahmen.
Den ersten großen Kostensprung gab es in Hamburg bei der Bürgerschaftswahl 2008. Zum ersten Mal gab es Wahlkreise und die Möglichkeit, Kandidaten direkt zu wählen. Damals stiegen die Kosten für die Bürgerschaftswahl um rund das Achtfache auf 14,3 Millionen Euro. Bei dem jetzt nochmals veränderten aktuellen Wahlrecht stieg die Summe erneut.
Nach Angaben des Landeswahlamts verursachen die Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro pro Tag für die rund 17 000 Auszähler sowie die Verlegung einiger Wahllokale in die zentrale Auszählstelle die Hauptkosten. Da die Hamburger mehr Stimmen abgeben und Kandidaten direkt wählen können, dauert der Zählvorgang deutlich länger. Drei Tage lang wurden diesmal die gelben, grünen, roten und blauen Stimmzettelhefte ausgewertet.
Jünger und weiblicher: Alle 121 Abgeordneten der Bürgerschaft
Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt (parteilos) kritisierte die erneut gestiegenen Kosten. "Demokratie ist in diesem Land in dieser Dimension zu teuer", sagte er dem Abendblatt. Mohaupt forderte, sich künftig "sehr ernsthaft" zu überlegen, "wie viel Geld wir ausgeben können für demokratische Prozesse wie Wahlen und Volksentscheide". Der Sparsamkeitsgedanke müsse eine Rolle spielen. Er plädiere für eine "andere Organisation, damit es günstiger wird", sagte Mohaupt. Inhaltlich allerdings begrüßte er das neue Wahlrecht: "Die wirkliche Einflussnahme der Bürger auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments ist spürbar und gefällt mir außerordentlich gut", sagte er.
Der Bund der Steuerzahler reagierte auf die gestiegenen Kosten zurückhaltend. Geschäftsführer Marcel Schweitzer sagte dem Abendblatt: "Freie Wahlen sind ein Geschenk, und diese Demokratie kostet eben." Er sieht vor allem die "Erfolge" des Wahlrechts. "Die Bürger sollten mehr Einfluss nehmen können durch die Personenstimmen, und diese Möglichkeit haben sie genutzt", so Schweitzer. Eine sofortige erneute Reformierung hält er für falsch.
Allerdings hat Schweitzer einen Vorschlag, die Kosten bei der kommenden Wahl zu senken. "Die Aufwandsentschädigung der Auszähler muss reduziert werden." Schweitzer schlägt eine Halbierung auf 50 Euro vor. Zum einen sei das Wahlrecht den Zählern dann schon vertraut, zum anderen würden die nächsten Bürgerschaftswahlen von den Bezirkswahlen entkoppelt. Das bedeute weniger Aufwand.
Unterdessen ist der Machtkampf beim Wahlverlierer CDU entschieden: Der bisherige Sozialsenator Dietrich Wersich hat gestern angekündigt, als CDU-Fraktionschef in der Bürgerschaft zu kandidieren. Amtsinhaber Frank Schira verzichtet. Die 62 SPD-Abgeordneten kamen zu ihrer ersten Sitzung zusammen.