Die Tankstellen in Hamburg stellen Zapfsäulen auf Ethanol-Gemisch um. Der BUND zweifelt den ökologischen Nutzen an.
Hamburg. Der Tankstellenbetreiber Jet hat seine 22 Stationen in Hamburg bereits umgerüstet. Auch die anderen Mineralölkonzerne stellen die Weichen, damit das neue Superbenzin E10 schon in den nächsten Tagen in Hamburg angeboten werden kann. Flächendeckend wird man den Sprit spätestens Ende März in der Hansestadt finden. Der Kraftstoff, den es an süddeutschen Tankstellen bereits vereinzelt gibt, soll die Umwelt weniger belasten, weil er einen bis zu zehnprozentigen Ethanolanteil (aus dem sich der Name E10 ableitet) enthält. Damit verringert sich der Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) maßgeblich. Das bisherige Superbenzin enthält fünf Prozent Ethanol.
Das sieht allerdinsg der BUND anders: Die neue Benzinsorte E10 leistet nach Auffassung des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) keinen Beitrag für den Klimaschutz. Bezüglich der Umweltbilanz handele es sich bei E10 um „eine Mogelpackung und einen Fall von Verbrauchertäuschung“, erklärte der BUND-Vorsitzende, Hubert Weiger, am Donnerstag in Berlin. Die Ausweitung der Ethanolproduktion aus Weizen, Zuckerrüben oder Mais und die damit ausgelöste Nutzung zusätzlicher Anbauflächen könne insgesamt sogar höhere Kohlenstoffdioxid-Emissionen verursachen.
Die Verdoppelung des Ethanol-Anteils werde vermutlich dazu führen, dass mehr Biokraftstoff importiert werden müsse, erklärte BUND-Chef Weiger. Das wiederum zwinge die Landwirtschaft in den Ursprungsländern zum Ausweichen auf bisher ungenutzte Flächen. Zu diesem Zweck würden Biotope vernichtet und Urwälder abgeholzt. „Auch dies erhöht die C02-Emissionen“, betonte der BUND-Chef.
Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem neuen Kraftstoff E10.
Warum dauert die Einführung von E10 so lange?
"Die Raffinerien müssen umgerüstet werden, um die neue Benzinsorte produzieren zu können", sagt Gabriele Radke, Sprecherin von Esso, dem Abendblatt. "Zudem müssen die Tanklager leer sein, bevor die Zapfstationen mit der neuen Sorte befüllt werden können." Auch die erste harten Wintermonate hätten die Auslieferung verzögert. Die Mineralölbranche hofft nun, dass bis Ende März alle Stationen E10 anbieten können. Bislang vorgeprescht sind in Süddeutschland noch vor Jet die beiden Marken Aral und HEM, die ihren Kraftstoff von der Raffinerie Schwedt in Brandenburg beziehen. Dort wird dem Benzin bereits das notwendige Ethanol beigemischt, das auf Drängen der Bundesregierung aus nachhaltigem Anbau stammen muss.
Kann jedes Fahrzeug den neuen Kraftstoff tanken?
90 Prozent der in Deutschland zugelassenen Autos vertragen den auf Druck der Politik von fünf auf zehn Prozent erhöhten Ethanolanteil. Unter der Internetadresse www.dat.de/e10 kann jeder nachprüfen, ob das neue Benzin für seinen Wagen zulässig oder ob er für den Motor schädlich ist. Auch Autohändler und die einzelnen Internetseiten der Hersteller geben Auskunft. Die zehn Prozent der Tankstellenkunden, deren Auto kein E10 vertragen, müssen allerdings mit deutlich höheren Kosten rechnen. Zwar bieten die Konzerne auch weiterhin das bisherige Superbenzin E5 oder die Sorte Super Plus an, aber sie werden deutlich mehr kosten als E10. Marktführer Aral setzte beide Sorten bei der Markteinführung von E10 um fünf Cent höher an als das neue Produkt. Ob sich dies dauerhaft durchhalten lässt, bezweifeln Experten.
Warum ist der bisherige Sprit teurer als der neue Kraftstoff?
Die Bundesregierung setzt mit dem neuen Kraftstoff eine Richtlinie der Europäischen Union um, deren Ziel es ist, den Ausstoß von Treibhausgasen in Europa zu reduzieren. Die Tankstellenbetreiber müssen demnach künftig eine durchschnittliche "Bioquote" in Benzin und Diesel von 6,25 Prozent sicherstellen. Wenn sie diese nicht erreichen, müssen die Mineralölkonzerne mit hohen Strafzahlungen rechnen. "Damit haben die Tankstellen natürlich ein großes Interesse daran, dass möglichst viele Tankkunden an eine Zapfsäule mit dem neuen E10 fahren", sagte Aral-Sprecher Detlef Brandenburg.
Welche Auswirkungen hat Ethanol auf den Spritverbrauch ?
Selbst für Autofahrer, deren Fahrzeuge den neuen Sprit vertragen, ergeben sich durch den staatlich verordneten Kraftstoffwechsel Nachteile. Laut ADAC steigt der Benzinverbrauch gegenüber dem bisherigen Super mit fünf Prozent Ethanolanteil um etwa 1,5 Prozent. Das bedeutet, dass häufiger getankt werden muss. Im Ausland, so rät der Automobilklub, sollte man auf keinen Fall E10 tanken, sondern auf andere Benzinsorten ausweichen, die aber eventuell teurer sind.