Die Verkehrsunternehmen wollen mit Großeinsätzen gegen Fahrgäste ohne Ticket vorgehen. Kontrollen in Bussen sollen verschärft werden.

Hamburg. Der Schwarzfahrer ist der größte Feind des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV). Der Schaden durch entgangene Fahrgeldeinnahmen belief sich allein im vergangenen Jahr auf mehr als 20 Millionen Euro, schätzt der Verkehrsverbund.

Doch das soll sich jetzt ändern, die Verkehrsunternehmen wollen künftig hart durchgreifen: Die Kontrollen in den Bussen sollen um 50 Prozent erhöht werden. An den großen U- und S-Bahn-Haltestellen soll es häufiger als bisher Großeinsätze geben, bei denen die Fahrgäste beim Verlassen der Station kontrolliert werden. Auch an Busendhaltepunkten oder Haltestellen vor Schulen soll es vermehrt Schwerpunktkontrollen geben.

Außerdem startet ab dem 7. März auf den Buslinien im Raum Bergedorf und Harburg das auf ein Jahr angesetzte Pilotprojekt "Einstieg vorn". Alle Fahrgäste müssen dort künftig vorne beim Busfahrer einsteigen und ganztägig ihre Fahrkarte vorzeigen.

Für HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner steht fest: "Die Schwarzfahrer richten einen immensen finanziellen Schaden an, den wir so nicht mehr hinnehmen werden. Deshalb haben wir das neue Prüfkonzept ausgearbeitet." Es dürfe eben nicht mehr sein, dass Schwarzfahren in Teilen der Gesellschaft als Kavaliersdelikt angesehen oder sogar zum Sport wird.

Durch das neue Prüfkonzept will der HVV langfristig Fahrgeldmehreinnahmen von sechs Millionen Euro pro Jahr erzielen. Neues Personal bei den Prüfdiensten soll es zumindest bei den beiden großen Verkehrsunternehmen Hochbahn und S-Bahn nicht geben. So soll zum Beispiel bei der Hochbahn Prüfpersonal aus den U-Bahnen auf den Busverkehr verlagert werden, weil es in diesem Bereich laut verkehrsverbund-Chef Lutz Aigner derzeit einen größeren Bedarf gebe.

Besonderes Augenmerk liegt nun auf dem Pilotprojekt "Einstieg vorn". Mit Plakaten und Flyern werden die Fahrgäste darüber informiert. An den Haltestellen in Harburg und Bergedorf wird zusätzliches Servicepersonal eingesetzt. Es soll die Kunden darüber informieren, dass der Einstieg nur noch direkt beim Fahrer und mit Vorzeigen eines gültigen Tickets möglich ist. Insgesamt sollen dafür 150 Mitarbeiter im Einsatz sein: "Uns ist es wichtig, die Fahrgäste und die Fahrer zum Start des Projekts zu unterstützen. Deshalb wird zusätzliches Personal vor Ort sein", sagt Hochbahn-Vorstand Ulrich Sieg.

Während der einjährigen Pilotphase sollen Fahrgäste und Fahrer zu ihren Erfahrungen befragt werden. Danach soll dann entschieden werden, ob der "Einstieg vorn" auf das gesamte Hamburger Gebiet ausgeweitet wird. "In anderen deutschen Großstädten gilt diese Regelung bereits seit Jahren und es gibt damit eigentlich nur gute Erfahrungen. Die Schwarzfahrerquote sinkt und dadurch steigen die Fahrgeldeinnahmen", sagt Aigner.

Bereits seit 2002 steigen die HVV-Fahrgäste ab 21 Uhr und an Sonntagen ganztags vorne ein und zeigen ihre Fahrkarte vor. In den Außenbereichen des HVV wie zum Beispiel Geesthacht, Ahrensburg, Lüneburg und Stade wird bisher schon an allen Wochentagen der ganztägige "Einstieg vorn" praktiziert. Die Politik begrüßte die Pläne des Hamburger Verkehrsverbundes: "Schwarzfahrer bestrafen nicht die Verkehrsunternehmen, sondern die zahlenden Fahrgäste. Das ist asozial, denn die rechtschaffenen Nutzer tragen im Zweifelsfall daraus resultierende Fahrpreiserhöhungen", sagt CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse.

Das sieht SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen ähnlich: "Ein schärferes Vorgehen gegen Schwarzfahrer ist im Sinne aller ehrlichen Fahrgäste. Denn die bezahlen momentan für die anderen mit. Und das ist unfair."

Für den Fahrkartenprüfdienst wenden die im HVV organisierten Verkehrsunternehmen pro Jahr etwa 6,5 Millionen Euro auf. Das wird aber nicht durch die Einnahmen gedeckt, die durch erwischte Schwarzfahrer erzielt werden. Im vergangenen Jahr trafen die Prüfdienste rund 256 000 Fahrgäste ohne gültige Fahrkarte an. Das kostet in der Regel 40 Euro pro Person.

Viele ertappte Schwarzfahrer bezahlen die Strafe einfach nicht. Dabei ist das Schwarzfahren laut HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner "keineswegs nur eine Sache von armen Leuten. Das zieht sich durch alle Schichten der Gesellschaft." Aber Aigner hat Hoffnung: "Unser Ziel ist es, die Menschen dazu zu bewegen, dass es für alle selbstverständlich wird, nicht mehr ohne Fahrkarte in ein öffentliches Verkehrsmittel einzusteigen."