Hamburger Abendblatt:

Was sind die drei wichtigsten Themen für die Stadt?

Katja Suding:

Familienpolitik, Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik

Dora Heyenn:

Wir brauchen wieder eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Mehr günstige Wohnungen. Und eine Steigerung der Einnahmen.

Anja Hajduk:

Gerechte Bildungspolitik, das Zusammendenken von Klimaschutz und Wirtschaft sowie Bürgerbeteiligung.

Wird die GAL das Thema längeres gemeinsames Lernen wieder anpacken?

Hajduk:

Ich glaube, das ist durch den Volksentscheid ziemlich klar geregelt. Wir stellen uns nur vor, dass einzelne Schulen, die von sich aus als Langform arbeiten wollen - also von Klasse eins bis 13 -, das als Modell umsetzen können.

Fühlt sich die GAL an den sogenannten zehnjährigen Schulfrieden gebunden?

Hajduk:

Für die nächste Legislaturperiode werden wir die Schulstrukturfrage nicht neu aufwerfen. Wir nehmen Volksentscheide ernst und wollen da glaubwürdig bleiben. Wir haben aber noch nicht darüber entschieden, wie das übernächste Wahlprogramm der GAL aussehen soll.

Frau Suding, wie überzeugen Sie Frau Hajduk von der Elbvertiefung?

Suding:

Der Hamburger Hafen ist immer noch der Jobmotor der Stadt. 16 Prozent der Arbeitsplätze entstehen im Hafen. Der Hamburger Hafen ist aber recht schlecht durch die Wirtschaftskrise gekommen. Er hat im Vergleich zu den Wettbewerbshäfen Antwerpen und Rotterdam massiv verloren, obwohl es jetzt eher wieder bergauf geht. Die negative Entwicklung wird sich aber fortsetzen, wenn wir es nicht schaffen, die Infrastrukturprojekte, die nötig sind - und da ist die Fahrrinnenanpassung ganz weit vorne -, endlich mal durchzuziehen. Die Hafenquerspange ist das nächste Projekt. Wir müssen zusehen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben.

Hajduk:

Wir Grünen bleiben bei unserer Ablehnung der Elbvertiefung aus ökologischen Gründen, aber wir wissen, dass es für unsere Position keine Mehrheit in Hamburg gibt. Man muss zusätzlich überlegen, ob man die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens nicht auch dadurch sichert, dass man private Investoren an Investitionen bei Terminals beteiligt und sie dadurch an Hamburg bindet.

Bleibt das Projekt Stadtbahn trotz des großen Widerstands ein grünes Essential in möglichen Koalitionsverhandlungen?

Hajduk:

Es ist ein wichtiges Thema für Hamburg, und wir würden das immer einbringen. Die Skepsis gegen die Stadtbahn ist zurzeit groß, und deswegen müssen wir das in einem Bürgerforum diskutieren. Politik braucht auch einen langen Atem. Wir Grünen haben viel Erfahrung darin, dass manche Dinge lange brauchen, bis man eine Mehrheit dafür hat. Heute redet keiner mehr davon, dass erneuerbare Energien Humbug sind.

Olaf Scholz hat das Projekt Stadtbahn allerdings schon für tot erklärt.

Hajduk:

Ich habe das so verstanden, dass er Zweifel an der Finanzierbarkeit hat. Ich bin zutiefst überzeugt, dass Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr für Hamburgs Attraktivität unabdingbar sind. Ich weiß übrigens, dass Olaf Scholz solchen Argumenten zugänglich ist. Solche Finanzierungen werden ja auch sehr stark aus dem Bundeshaushalt unterstützt. Ich finde, es steht Hamburg nicht gut an, dermaßen bescheiden mit den Bundestöpfen umzugehen. München baut nicht nur die U- und S-Bahn aus und sein Bussystem, sondern ebenso die eigene Stadtbahn. Auch die Handelskammer unterstützt ja im Übrigen das Stadtbahnnetz.

Suding:

Ich bin anderer Meinung: Wir brauchen keine Stadtbahn als weiteres isoliertes Verkehrssystem. Das kann sich Hamburg auch gar nicht leisten. Wir müssen das vorhandene S- und U-Bahnnetz ausbauen und mehr Hybridbusse einsetzen.

Frau Heyenn, was spricht dafür, die Studiengebühren sofort abzuschaffen?

Heyenn:

Studiengebühren schrecken junge Menschen aus Elternhäusern ab, die nicht so viel Geld haben. Studiengebühren, Semesterticket und Verwaltungsgebühren - pro Semester bezahlen die Studierenden mittlerweile 633 Euro. Wenn man ein demokratisches öffentliches Bildungssystem haben will, muss es einen ungehinderten Zugang geben. Für uns sind Studiengebühren einfach ein soziales Selektionsmittel, das sofort beseitigt werden muss.

Suding:

Unsere Haltung ist ganz klar: Studiengebühren sollen freiwillig sein. Die Hochschulen sollen selber entscheiden, ob sie die Gebühren erheben. Das bringt auch Wettbewerb unter den Unis. Es muss weiter die Möglichkeit geben, Studiengebühren nachgelagert zu bezahlen. Wer einen Job hat, der kann zurückzahlen. Wer nicht, muss auch nicht zahlen. Parallel müssen wir ein Stipendiensystem entwickeln. Deutschland liegt im Vergleich zu anderen Ländern in dem Punkt weit hinten.