Wegen eines Untreueverdachts gegen Thomas Martens, Verwaltungsratschef von Securvita, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Hamburg. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Gründer und Verwaltungsratsvorsitzenden der Krankenkasse Securvita BKK, Thomas Martens, sowie gegen drei ehemalige und aktuelle Vorstände. "Uns liegen Anzeigen wegen des Verdachts der schweren Untreue vor", bestätigte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers dem Abendblatt. Eine stammt vom Bundesversicherungsamt, der Aufsichtsbehörde der gesetzlichen Krankenkassen.
Bei den Vorwürfen geht es um den Hauptsitz der Krankenkasse am Lübeckertordamm in St. Georg - einen 2007 fertiggestellten Neubau. Der Mietvertrag soll für die Krankenkasse finanziell nachteilig sein, während Martens als Unternehmer profitiert habe. Martens hatte über die L.T.D. Lübeckertordamm Entwicklungs-GmbH (LTD), bei der er über seine Securvita Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH, kurz Konzept-GmbH, Gesellschafter war, den Bau planerisch eingefädelt. Dann wurden die Geschäftsanteile der LTD an die Versicherungskammer Bayern und die Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG verkauft- für 4,225 Millionen Euro.
Aber: Schon vorher hatte die Securvita BKK mit der LTD einen Mietvertrag über 20 Jahre unterschrieben. Nur deshalb - so der Vorwurf- waren die LTD-Geschäftsanteile so wertvoll. Ein Rechtsgutachten der Bremer Rechtsanwälte Ralf Schäfer und Jan van Dyk, das dem Abendblatt vorliegt, beziffert den Gesamtschaden auf mindestens 17,8 Millionen Euro. Denn es seien viel mehr Flächen angemietet worden, als die BKK benötige. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet (AZ 3302Js90/10).
Ermittelt wird auch gegen Dr. Ellis Huber, den Ex-Präsidenten der Ärztekammer Berlin, der von 2001 bis 2005 Vorstand der Securvita BKK war. Im September 2010 kehrte er als Vorstand zu der Krankenkasse zurück, die rund 170 000 Versicherte zählt. Huber hatte den Mietvertrag unterschrieben.
Anfang 2007 zogen die Mitarbeiter - heute sind es 264 - der Securvita BKK in den sechsgeschossigen Bau ein. Von den etwa 18 000 Quadratmetern hat die Securvita BKK rund 13 000 Quadratmeter angemietet. Dafür zahlte die BKK rund 202 000 Euro monatlich Kaltmiete. Etwa 1000 Quadratmeter sind an die Konzept GmbH untervermietet, bei der Martens Alleingesellschafter ist. Vor dem Umzug hatte die BKK für laut Rechtsgutachten 252 Arbeitsplätze lediglich circa 4000 Quadratmeter angemietet.
Bei der Securvita BKK hieß es auf Nachfrage, man wisse weder von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Martens und Huber, noch habe es Beanstandungen des Bundesversicherungsamtes gegeben. Und: Es gebe keinen Leerstand in der Securvita-Zentrale. Tatsächlich sind mindestens 3000 bis 4000 Quadratmeter seit 2007 ungenutzt, müssen aber bezahlt werden. Dort will die Securvita BKK über eine GmbH ein Gesundheitszentrum betreiben. Wann es eröffnet werden soll, ist laut Securvita unklar.
Dass der Securvita BKK und so den Versicherten finanzielle Nachteile entstanden sind, bestätigt auch ein Rechtsgutachten, das der Hamburger Anwalt Johann Schwenn im Auftrag des Securvita-Vorstands verfasst hat. Er entlastet Martens und belastet Huber sowie die Ex-Vorstände Michael P. und Helge N., gegen die auch ermittelt wird. Schwenn glaubt im Fall Hubers anders als Schäfer und van Dyk an eine Verjährung.