Der Verband Hafen Hamburg (UVH) weist den Entwicklungsplan des Senats zurück. Eine stärkere Rolle der Port Authority wird abgelehnt.
Hamburg. Harmonisch war das Verhältnis zwischen der Hamburger Hafenwirtschaft und den verschiedenen CDU-geführten Senaten in den vergangenen Jahren selten. Weniger als drei Wochen vor den Bürgerschaftswahlen hat der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVH) nun ein Papier verfasst, das dem Abendblatt vorliegt und das als Endabrechnung mit der Hafenpolitik der vergangenen Jahre gelten kann. Die rund 200 Unternehmen, die im Verband zusammengeschlossen sind, lehnen darin wesentliche Punkte des neuen Hafenentwicklungsplans ab. Der Plan soll die Weichenstellungen für die Entwicklung des Hafens bis zum Jahr 2015 beschreiben.
Der Senat hatte den aktuellen Entwurf den beteiligten Unternehmens- und Umweltverbänden kurz vor Weihnachten zur Stellungnahme geschickt. In seiner siebenseitigen Antwort übt der UVH massive Kritik: Der Plan werde seinem Anspruch als eine strategische Leitlinie für die Wirtschaft und die Verwaltung in Hamburg "aufgrund zahlreicher unverbindlicher Aussagen und falscher Fokussierungen nicht gerecht". Die Vertretung der Hafenunternehmen kritisiert zudem eine mangelnde Beteiligung an dem Verfahren: "Die Hafenwirtschaft wurde entgegen früherer Hafenentwicklungspläne nicht frühzeitig in den Prozess eingebunden."
Begonnen hatte die Arbeit an dem Plan im Jahr 2009 unter Regie des damaligen Wirtschaftssenators Axel Gedaschko (CDU). Die Abstimmung des Papiers ist wegen der vielen Beteiligten üblicherweise ein langwieriges Verfahren. Wegen des Bruchs der Koalition von CDU und GAL im Herbst fällt die Stellungnahme des UVH in den Wahlkampf zur neuen Bürgerschaft.
Führende Hafenunternehmen wie die HHLA äußerten sich gestern wegen des laufenden Verfahrens nicht zu dem Papier. HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters fungiert zugleich als Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) sagte dem Abendblatt: "Wir haben die Stellungnahme mit Interesse gelesen. Wir werden sie - wie jede andere Verbandsstellungnahme auch - sorgfältig fachlich prüfen. Im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens den Vorwurf zu erheben, man sei nicht einbezogen worden, ist aus Sicht der Behörde für Wirtschaft und Arbeit absurd."
Vor allem diese zentralen Punkte in der aktuellen Version des Hafenentwicklungsplans lehnt der Unternehmensverband ab:
Strategischer Investor: Die Hafenbetriebe wollen eine Beteiligung oder gar den Kauf eines Terminals durch eine ausländische Reederei verhindern. "Die Aussagen dazu sollten daher (aus dem Plan) gestrichen werden", heißt es in dem Schreiben des UVH. Der Betrieb eines Terminals durch einen Investor aus der Schifffahrtsbranche - in anderen Häfen wie Bremerhaven oder Rotterdam wird dies praktiziert - sei von Nachteil für Hamburg. Die Neutralität gegenüber allen großen Reedereien sei mit einer solchen Konstruktion gefährdet, denn Hamburg werde von 19 der 20 größten Reedereien angelaufen.
Pikant: Noch im November hatte sich der chinesische Konzern Cosco als eine der weltgrößten Containerreedereien offen um das geplante Terminal Steinwerder beworben. Die Handelskammer mit dem früheren Präses Frank Horch, der nun Schattenwirtschaftssenator unter dem SPD-Spitzenkandidaten für das Bürgermeisteramt Olaf Scholz ist, begrüßte seinerzeit die Initiative. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) empfing Cosco-Chef Kapitän Wei Jiafu sogar zu einem Gespräch. Wei machte dabei die künftige Präsenz von Cosco in der Hansestadt auch davon abhängig, ob seine Reederei an einem Terminal beteiligt wird.
EU-Hafenpolitik: Probleme fürchtet der UVH auch durch den Vorstoß der Europäischen Kommission, nach zwei gescheiterten Anläufen den Wettbewerb der Häfen untereinander doch noch zu regeln. Den Plänen zufolge könnten für Hafenflächen künftig, ähnlich wie für Schienenverkehre, Konzessionen vergeben werden. Die Nutzungsrechte können aber bei der für Konzessionen üblichen internationalen Ausschreibung auch wieder verloren gehen.
Der UVH fürchtet, dass Konzessionen als Grundlage der Hafenwirtschaft schon bald nach ihrer Einführung größere Investitionen in Terminals und Hafenanlagen bremsen würden. Kein Unternehmen könne mehr sicher sein, kritisiert der Verband, wie lange es das jeweilige Gelände bewirtschaften werde. Die Konzessionspolitik der EU-Kommission müsse daher strikt abgelehnt, die Verträge zwischen Stadt und Hafenunternehmen sollten nur nach deutschem Recht abgeschlossen werden, fordert der Verband. Dieses Recht sieht derzeit vor, bei Großinvestitionen der einzelnen Hafenfirmen auch die Nutzungsdauer für die jeweiligen Anlagen entsprechend zu verlängern.
Flächenentwicklung: Zum Nachteil der Hafenfirmen entwickelt sich nach Auffassung des UVH zudem die Abstimmung zwischen Stadt- und Hafenflächen. Schon wegen der "unvermeidbaren Emissionen lehnen wir eine Wohnbebauung im direkten Umfeld des Hafens ab", heißt es in der Stellungnahme. Schließlich seien Flächen am seeschifftiefen Wasser begrenzt. So wird auch "das Bestreben der Hamburg Port Authority (HPA), nicht mehr für hafenwirtschaftliche Nutzung benötigte Flächen aus dem Hafengebiet zu entlassen", abgelehnt. Schließlich sei es schwer vorherzusehen, ob solche Flächen angesichts eines wachsenden Güterumschlags im Hafen später nicht doch noch gebraucht würden.
Port Authority: Auch grundsätzlich richtet sich die Kritik der Hafenwirtschaft gegen die HPA. Der Verband hält es für falsch, dass die städtische Hafenverwaltung als eigenständiges Unternehmen auftreten soll. Man fürchtet eine mögliche zusätzliche Konkurrenz durch die HPA im Hafengeschäft. Auch zu diesem Punkt fallen klare Worte: "Die geplante Erschließung neuer Geschäftsfelder (für die HPA) ist aus der Sicht der Hafenwirtschaft weder erforderlich noch wünschenswert."